Fachärzte: Stirbt die Mitte aus?

Vor einigen Jahren wurde intensiv diskutiert, ob die Gesundheitspolitik unter der damaligen Ministerin Ulla Schmidt in Deutschland holländische Verhältnisse einführen wolle. Holländische Verhältnisse bedeuten vereinfacht: Hausärzte für die Grundversorgung und Kliniken für die Spezialversorgung – und dazwischen nichts. Kein Platz also für eine breit gefächerte und qualifizierte Fachärzteschaft im ambulanten Bereich. Das Thema schien erledigt. Doch wer die aktuellen Veränderungen als Puzzleteile betrachtet, kann daraus ohne weiteres ein Gesamtbild zusammen setzen, welches für die Fachärzteschaft u.U. mittelfristig nichts Gutes verheißt.

Zum einen steht unmittelbar eine EBM-Reform bevor, die die fachärztliche Grundversorgung zulasten der fachärztlichen Spezialversorgung (z.B. ambulante und belegärztliche Operationen, Speziallabor, weite Teile des EBM-Kapitels 30 etc.) stärken soll (vgl. Beitrag Nr. II in diesem Newsletter). Zum anderen steht die Aktivierung des neuen § 116 b SGB V bevor. An der dort beschriebenen und voraussichtlich mit attraktiven Honorarmitteln ausgestatteten ambulanten spezialfachärztlichen Versorgung (ASFV) werden neben Krankenhausärzten voraussichtlich nur wenige niedergelassene Spezialisten in relevantem Umfang partizipieren. Leidtragende beider Maßnahmen könnten Fachärzte mit mittlerem Spezialisierungsgrad und breitem Leistungsangebot werden: Diese werden aufgrund ihrer Spezialisierungs-Anteile aus ihren Honoraren die neuen Pauschalen für die fachärztliche Grundversorgung gegenfinanzieren müssen, verfügen andererseits aber über keinen ausreichenden Spezialisierungsumfang, um sich in der ambulanten spezialfachärztlichen Versorgung nach § 116 b SGB gegen Krankenhausärzte aussichtsreich zu positionieren.

Die strategische Konsequenz aus diesen Überlegungen besteht für Fachärzte mit breitem Leistungsangebot (sowohl Grund-, als auch Spezialversorgung) entweder in einem weiteren Ausbau ihrer Spezialisierung zulasten der Grundversorgungs-Anteile (Modell „spezialisierter Facharzt“). Oder in einem Abbau von Spezialleistungen und der Konzentration auf die Grundversorgung des eigenen Faches (Modell „spezialisierter Hausarzt“). Denkbar ist daneben auch die Schwerpunktbildung innerhalb von Gemeinschaftspraxen. In kooperativen Modellen ist die Darstellung der gesamten Leistungsbreite eines Faches weiterhin eher gestaltbar, als in der Einzelpraxis.


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