Freiberuflichkeit ist nicht durch angestellte Ärzte in Gefahr

Niedergelassene Ärzte sahen sich in der Vergangenheit häufig mit Gewerbesteuerforderungen des Finanzamts konfrontiert, wenn sie in ihrer Praxis angestellte Kollegen beschäftigten. Grund dafür ist, dass viele Finanzämter bei der Anstellung ärztlicher Kollegen nicht mehr von einer freiberuflichen, sondern einer gewerblichen Tätigkeit ausgehen. Der Bundesfinanzhof (BFH) hat nun mit Urteil vom 16.07.2014 – VIII R 41/12 – klargestellt, dass allein aus der Anstellung von Ärzten nicht zwingend von einer gewerblichen Tätigkeit ausgegangen werden darf und hat definiert, unter welchen Voraussetzungen die Freiberuflichkeit gewahrt werden kann.
 
Der zugrunde liegende Fall
Gegen den Gewerbesteuerbescheid geklagt hatte eine Gemeinschaftspraxis für Anästhesie in der Rechtsform einer Gesellschaft bürgerlichen Rechts (GbR). Die Anästhesisten führten Anästhesien in der Praxis von Ärzten aus, die Operationen unter Narkose durchführen. Eine in der Gemeinschaftspraxis angestellte Anästhesistin führte in einfach gelagerten Fällen Anästhesien durch, nachdem jeweils einer der Gesellschafter eine Voruntersuchung durchgeführt und eine Behandlungsmethode vorgeschlagen hatte. Nach den tatsächlichen Feststellungen des BFH blieben problematische Fälle stets den Gesellschaftern der GbR vorbehalten. Wegen der Beschäftigung der angestellten Ärztin beurteilte das zuständige Finanzgericht die Tätigkeit der GbR insgesamt als gewerbliche und nicht mehr als freiberufliche Tätigkeit.
 
Kontrollen dürfen nicht überspannt werden
Nach § 18 Abs. 1 Einkommensteuergesetz ist für die Einordnung als freiberufliche Tätigkeit die leitende und eigenverantwortliche Position des Praxisinhabers Voraussetzung. Bei der praktischen Umsetzung treten jedoch Fragen auf mit der Folge, dass von den Finanzämtern häufig die Anforderungen an diese eigenverantwortliche Tätigkeit überspannt werden. So argumentierten die Finanzämter häufig, dass eine permanente Kontrolle des angestellten Arztes erforderlich sei, um die Gewerblichkeit zu vermeiden. Der BFH entschied nun, dass diese Bewertung die gesetzlichen Anforderungen zu weit ausdehnt und stellte klar, dass für eine eigenverantwortliche leitende Tätigkeit es schon genüge, wenn das angestellte Fachpersonal patientenbezogen regelmäßig und eingehend kontrolliert werde. Dafür erachtete der BFH als ausreichend, dass die Voruntersuchungen sowie die Festlegung der Behandlungsmethode durch die Gesellschafter vorgenommen werde und diese sich vorbehalten hatten, problematische Fälle selbst zu behandeln.
 
Hinweise für die Praxis
Die Klarstellung des BFH ist zu begrüßen, da anderenfalls der Einsatz fachlich gebildeten Personals im Bereich der Heilberufe faktisch ausgeschlossen würde und damit die Anforderungen des Gesetzgebers überdehnt würden. Empfehlenswert ist es daher, bereits im Anstellungsvertrag festzulegen, dass die Rahmenbedingungen der Behandlung, etwa Voruntersuchungen, durch die Praxisgesellschafter erfolgen sowie dass in problematischen Fällen eine Eigenbehandlung durch die Gesellschafter vorbehalten wird.
 
Quelle: RAin Rosemarie Sailer, LL.M., Fachanwältin für Medizinrecht, WIENKE & BECKER – KÖLN, Rechtsanwälte, Sachsenring 6, 50677 Köln, Tel.: 0221/3765-310, Fax: 0221/3765-312, www.Kanzlei-WBK.de
 


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