KBV legt Rahmenvorgaben für Praxisnetze vor

Die Kassenärztliche Bundesvereinigung (KBV) hat Vorgaben zur Festlegung und Anpassung des Vergütungsvolumens für die haus- und fachärztliche Versorgung sowie Kriterien und Qualitätsanforderungen für die Anerkennung besonders förderungswürdiger Praxisnetze als Rahmenvorgabe für Richtlinien der einzelnen KVen, insbesondere zu Versorgungszielen, im Einvernehmen mit dem Spitzenverband Bund der Krankenkassen zu bestimmen. Diese Vorgaben sind von den einzelnen KVen zu beachten. So hat es der Gesetzgeber mit dem GKV-Versorgungsstrukturgesetz in § 87b SGB V verankert.

Der Gesetzgeber hatte bewusst die Versorgung durch Praxisnetze fördern wollen. Durch vernetzte Praxen verschiedener Fachrichtungen können – so die Gesetzesbegründung – ambulante Versorgungsstrukturen insbesondere zur wohnortnahen Betreuung und Versorgung von Patienten verbessert, sowie Qualitäts- und Effizienzsteigerungen geschaffen werden. Zugleich sollten die KVen prüfen, ob in Honorarverteilungsmaßstäben auch gesonderte Honorarkontingente für Praxisnetze vorgesehen werden, die freilich aus der morbiditätsbedingten Gesamtvergütung zu realisieren sind. Dieses Honorarvolumen soll dann aber nach den Vorstellungen des Gesetzgebers durch das Praxisnetz selbst (bzw. die daran teilnehmenden Ärzte) eigenständig verteilt werden. Voraussetzung dafür wiederum ist nach § 87b Abs. 2 SGB V, dass ein Praxisnetz der Verbesserung der ambulanten Versorgung dient und von der KV anerkannt wird.

Mit großer Spannung wurde daher auf die Rahmenvorgabe für Praxisnetze gewartet, die nun am 17.04.2013 von der KBV veröffentlicht wurde. Ein Praxisnetz wird danach als besonders förderungswürdig angesehen, wenn es die folgenden acht Vorgaben erfüllt:

  1. Regelhaft zwischen 20 bis 100 Praxen (Ausnahmen denkbar in Regionen mit geringer Bevölkerungsdichte)
  2. Mindestens drei Fachgruppen, wobei ein Hausarzt zwingend dabei sein muss
  3. Wohnortnahe Versorgung eines zusammenhängendes Gebietes
  4. Rechtsform des Praxisnetzes muss eine Personengesellschaft (z. B. GbR), eine eingetragene Genossenschaft, ein eingetragener Verein oder eine GmbH sein
  5. Das die Kriterien 1-4 erfüllende Praxisnetz muss seit mindestens drei Jahren bestehen
  6. Verbindliche Kooperationsvereinbarung mit mindestens einem nichtärztlichen Akteur, z. B. Physiotherapie oder Krankenpflege
  7. Vereinbarung folgender Standards: Unabhängigkeit gegenüber Dritten, Qualitätsmanagement, Wissens- und Informationsmanagement
  8. Praxisnetz muss eine eigene Geschäftsstelle, einen Geschäftsführer sowie einen ärztlichen Leiter oder Koordinator haben

Neben diesen strukturellen Vorgaben müssen Praxisnetze bestimmte Versorgungsziele und Kriterien nachweisen, um anerkannt zu werden und es zu bleiben. Dazu zählen nach Vorstellungen der KBV:

  • Versorgungsziel Patientenzentrierung: Nachweis der Patientensicherheit und Kontinuität der Versorgung
  • Versorgungsziel kooperative Berufsausübung: Nachweis von u. a. gemeinsamen Fallbesprechungen, Dokumentationsstandards, sichere elektronische Dokumentation
  • Versorgungsziel verbesserte Effizienz und Prozessoptimierung: u. a. Beschleunigung von Diagnose- und Therapieprozessen im Netz, Wirtschaftlichkeitsverbesserungen und Nutzung von Qualitätsmanagement
  • Anerkennung als Praxisnetz je nach Erfüllung der Kriterien in drei Stufen, wobei die Anforderungen je Stufe steigen. Dabei gibt es eine Basisstufe, die zwingend erfüllt werden muss, sowie zwei weitere Stufen, für die aber keine Verpflichtung besteht.

Vorgesehen ist darüber hinaus für alle Praxisnetze ein jährlicher Versorgungsbericht sowie ein Nachweis über die Erfüllung der Kriterien im 5-Jahres-Turnus.

Auf dieser Grundlage werden nun die jeweiligen KVen Regelungen treffen, die die weitergehenden regionalen Anforderungen an ein (förderungswürdiges) Praxisnetz konkretisieren. Die Weichen sind somit trotz verbleibender Fragen, die regional zu prüfen sind (z. B. was als „wohnortnah“ bzw. als „zusammenhängendes Gebiet“ gilt), gestellt. Interessierte Ärzte sollten, soweit nicht bereits erfolgt, eine (ggf. weitergehende) Vernetzung initiieren und dabei die dargelegten Rahmenvorgaben bereits im Blick halten.

Quelle: RA, FA für Medizinrecht, Wirtschaftsmediator Dr. Tobias Scholl-Eickmann, Dortmund, www.kanzlei-am-aerztehaus.de


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