Praxis-Strategie 2008: Wachstum ist angesagt!

Wenn der Gesundheitsfonds 2009 kommt, dann werden für die Krankenkassen einige Weichen neu gestellt. Bislang konnte jede Krankenkasse bei wirtschaftlicher Schieflage den Beitragssatz (und damit die eigenen Einnahmen) anheben und diese Schieflage ausgleichen. Dies wird künftig nicht mehr möglich sein. Aus dem Gesundheitsfonds erhalten alle Kassen pro Versichertem einen Geldbetrag zugeteilt. Dieser Geldbetrag kann je nach Morbidität des Versicherten variieren, er ist aber für alle Kassen gleich. Kommt eine Krankenkasse mit den ihr zugeteilten Geldern dauerhaft nicht aus, besteht Insolvenzgefahr. Wenn die Kassen somit künftig die eigenen Einnahmen nicht mehr steuern können, bleibt nur die Steuerung der Ausgaben. In Bayern hat die AOK im Jahr 2008 vorsorglich alle kündbaren Verträge gekündigt, um Verhandlungsspielraum zu bekommen.

Grundsätzlich gibt es zwei Hebel, an denen die Kassen ansetzen können, um ihre Ausgaben zu reduzieren:

Zum einen können die Preise für Leistungen gesenkt werden. Dies erleben derzeit die Anbieter im Arznei- und im Hilfsmittelsektor. In beiden Bereichen herrscht unter den Anbietern scharfer Wettbewerb und die Kassen können dies durch Verträge, die bestbietend ausgeschrieben werden, zu Preissenkungen nutzen. Die Gefahr für die Anbieter in einem solchen System: Das gesamte Leistungsvolumen wird auf einen oder wenige Anbieter mit dem besten Preis konzentriert, die anderen Anbieter haben das Nachsehen.

Zum zweiten können Ausgaben reduziert werden, indem die erbrachten Leistungen gelenkt werden. Dies bedeutet, dass unnötige Leistungen unterbleiben und dass notwendige Leistungen in dem Sektor erbracht werden, in dem sie am effektivsten und wirtschaftlichsten erbracht werden können. Da das Gesundheitssystem im ambulanten Bereich gesteuert und gelenkt wird, haben die Kassen zwangsläufig Interesse am Vertragsabschluss mit Ärzten. Der Gesetzgeber hat dazu im Jahr 2007 die bisherige Obergrenze von Verträgen zwischen Ärzten und Kassen (bislang 1% der Gesamtvergütung) aufgehoben. Die KBV selber prognostiziert bis zum Jahr 2010 eine Verlagerung von 45% der ambulanten Honorare in Kassenverträge.

Was folgt daraus für die niedergelassenen Ärzte? Um einem ruinösen Preiswettbewerb zu entgehen (vgl. Situation im Arznei- und Hilfsmittelbereich) und um preisgesteuerte Einkaufsmodelle abzuwehren ist regionale Größe wichtig. Je weniger Anbieter in einer Region existieren und je größer diese Gruppen sind, desto stärker ist ihr Einfluss auf die Ausgestaltung der künftigen Versorgung.

Die große Landarztpraxis als einziger Anbieter in einem Umkreis von 30 km hat diese Größe bereits erreicht, ist quasi Monopolist. Die Patienten müssen diese Praxis aufsuchen, egal ob innerhalb des KV-Systems oder im Rahmen von Kassenverträgen. In städtischen Gebieten und in vielen Facharztgruppen herrscht hingegen heute Wettbewerb. Diesen gilt es durch Wachstum, Zusammenschluss und Kooperation zu kontrollieren, um künftig maßgeblichen Einfluss auf die Ausgestaltung der medizinischen Versorgung in der eigenen Region zu gewinnen.

Die Werkzeuge, um regionales Wachstum zu realisieren, liefert das geänderte Vertragsarztrecht: Filiale, Zulassungskauf und Praxiskette. Alle drei Ansätze sind jedoch stets auf wirtschaftliche Sinnhaftigkeit hin zu untersuchen.


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