Wirtschaftlichkeitsprüfung: Anfängerpraxis ist Praxisbesonderheit

„Der Status einer Anlauf- bzw. Anfängerpraxis ist eine Praxisbesonderheit, die in der Wirtschaftlichkeitsprüfung von den Prüfgremien berücksichtigt werden muss!“ In einer gerade veröffentlichten Entscheidung hat das Landessozialgericht (LSG) von Nordrhein-Westfalen diesen Grundsatz für die Wirtschaftlichkeitsprüfung betont. Dem Urteil vorangegangen war ein Prüfverfahren einer neu gegründeten Praxis, in dem vor allem eine 400%-ige Überschreitung beim Ansatz der GO-Nr. 60 EBM (Ganzkörperstatus) im Vergleich zum Fachgruppendurchschnitt im Mittelpunkt stand.

Der geprüfte Arzt klagte gegen den verhängten Regress – mit Erfolg: Das LSG hob hervor, dass in neuen Praxen logischerweise nur neue Patienten versorgt würden und dadurch ein erhöhter Behandlungsaufwand entstehe. Dies gelte vor allem für die Erhebung des Ganzkörperstatus nach GO-Nr. 60 EBM, denn der neue Arzt müsse sich anlässlich der erstmaligen Untersuchung seiner neue Patienten ein genaues Bild von ihrem Gesundheitszustand machen. Sowohl der Prüfungs- als auch der Beschwerdeausschuss hätten sich mit diesem Aspekt in ihren Beschlüssen nicht in hinreichendem Umfang auseinandergesetzt, so dass der Beschwerdeausschuss zur Neuentscheidung verurteilt wurde (LSG Nordrhein-Westfalen, Urt. v. 1.10.2003 – L 11 KA 213/01).

Praxistipp: Die vom LSG betonten Grundsätze gelten nicht nur bei der Neugründung einer Praxis! Auch wenn ein Arzt eine gut eingeführte Praxis mit umfangreicher Dokumentation übernommen hat, kann er ohne weiteres bei jedem der Patienten bei seiner ersten Untersuchung einen Ganzkörperstatus vornehmen und abrechnen. Schließlich muss kein Arzt kritiklos die Erkenntnisse seines Vorgängers übernehmen, sondern sollte sich ein eigenes Bild vom Gesundheitszustand seiner Patienten machen.

Quelle: Rechtsanwälte Wienke & Becker – Köln, Bonner Straße 323, 50968 Köln, Tel.: 0221/3765-30, Fax.: 0221/3765-312, newsletter@kanzlei-wbk.de, www.info.kanzlei-wbk.de


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