RLV: Kleine Praxen dürfen bis zum Fachgruppendurchschnitt wachsen

Zwischenzeitlich haben die Sozialgerichte in Eilverfahren die ersten Entscheidungen zu Einzelfragen der Honorarverteilung unter Geltung der Regelleistungsvolumina gefällt. Für kleine bzw. unterdurchschnittlich abrechnende Praxen ist dabei insbesondere eine Entscheidung des Hessischen Landessozialgerichts von Bedeutung:

Das Gericht betonte, dass auch nach der Neuordnung der Vertragsärztlichen Vergütung kleine Praxen, die in ihrem Umsatz unter dem Durchschnitt der Fachgruppe liegen, die Möglichkeit haben müssen, zumindest den durchschnittlichen Umsatz der Arztgruppe zu erreichen.

Dabei sei ohne Belang, ob eine Praxis neu gegründet, noch in der Aufbauphase oder bereits viele Jahre betrieben wurde. Die Ausgestaltung dieser Wachstumsmöglichkeiten im Honorarverteilungsvertrag sei von den Partnern der Gesamtverträge vorzunehmen, die von ihrer Regelungsbefugnis jedoch zumeist nur unzureichend Gebrauch gemacht und keine Regelung über die Wachstumsmöglichkeiten kleiner Praxen vorgesehen hätten.

In der ersten Instanz hat das Sozialgericht an das Fehlen derartiger spezifischer Regelungen im HVV die drastische Folge geknüpft, dass kleine Praxen sofort ein dem Fachgruppendurchschnitt entsprechendes RLV beanspruchen könnten. Das LSG hat diese Frage offen gelassen und lediglich auf die Umstände des ihm vorliegenden Einzelfalls abgestellt.

SG Marburg, Beschl. v. 06.08.2009; S 11 KA 430/09 ER; Hessisches Landessozialgericht, Beschl. v. 21.12.2009, L 4 KA 77/09 B ER

Fazit:
Beide Gerichte haben eindeutig geurteilt, dass die Grundsätze des Bundessozialgerichts zu den Wachstumsmöglichkeiten kleiner Praxen auch nach der Neuordnung der vertragsärztlichen Vergütung fortgelten. Hieran werden sich die KVen halten müssen. Offen geblieben ist, ob kleine Praxen tatsächlich das durchschnittliche RLV der Fachgruppe beanspruchen können, wenn in dem HVV besondere Regelungen für ihre Wachstumsmöglichkeiten fehlen.

Praxistipp:
Sofern in einer Praxis in einem Quartal aufgrund besonderer Umstände nur ungewöhnlich niedrige Fallzahlen erreicht wurden, sollte bei der KV für das Quartal des Folgejahres unbedingt ein Antrag auf Ausnahme von der Abstaffelungsregelung gestellt werden. Aufgrund eines solchen Antrags kann die KV im Quartal des Folgejahres Leistungen über das RLV der Praxis hinaus mit den Preisen der regionalen €-Gebührenordnung vergüten.

Quelle: RA Olaf Walter, Fachanwalt für Medizinrecht
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