Sieben Säulen der Praxisführung (6/7): Personal führen und fördern

Durchschnittlich entfallen rund 14 % der ärztlichen Arbeitszeit auf Verwaltungstätigkeiten. Dies geht aus dem Ärztemonitor hervor, einer Umfrage von KBV und NAV unter rund 11.000 Ärztinnen und Ärzten. Mediziner mit unterdurchschnittlich niedrigem Verwaltungsaufwand zeigten sich dabei deutlich zufriedener mit Arbeit und Einkommen und fühlten sich am Ende eines Arbeitstages weniger erschöpft. Der Umfang der Verwaltungstätigkeit ist offenbar ein überaus wichtiger Faktor für die persönliche Arbeits- und Lebensqualität von Ärzten.

Voraussetzung für eine Entlastung von Bürokratie ist eine ausreichende Personalkapazität. Auswirkungen auf die Arbeitseffizienz des Praxisteams hat ganz wesentlich auch das Führungsverhalten des Praxisinhabers. Empirischen Studien zufolge hängen Bindung und Engagement der Mitarbeiterinnen primär von der direkten Führungskraft ab. Relevante Faktoren sind dabei Wertschätzung, Anerkennung und die Übertragung von Aufgaben unter Berücksichtigung der individuellen Stärken.

Für das Führungsverhalten im Praxisalltag bedeutet das insbesondere:

1. Richtig Feedback geben

Während Kritikgespräche den meisten Praxisinhabern als anlassbezogene Gesprächsform durchaus plausibel sind, werden Gespräche aus positivem Anlass häufig unterlassen getreu dem Motto „Nicht geschimpft ist schon genug gelobt“. Gute Leistungen werden oft als selbstverständlich betrachtet. Doch Kritik und Anerkennung gehören als zwei Varianten zum Mitarbeiterfeedback unabdingbar zusammen. Ein fundiertes persönliches Feedback stellt eine Form der persönlichen Wertschätzung dar.

Dabei gilt es jedoch, einige Punkte zu beachten:

Wie auch bei Kritik, sollte Lob immer auf einen ganz konkreten Anlass bezogen sein und möglichst zeitnah zum gelobten Ereignis erfolgen. Ebenso sollte Lob nur „unter vier Augen“ erfolgen und nicht vor den Kolleginnen des Mitarbeiters geäußert werden (hat oft Neid oder Hänseleien zur Folge). Die erbrachte Leistung sollte außerdem nicht mit der Leistung anderer verglichen werden. Ebenso liegt auf der Hand, dass floskelhaftes wie grundloses oder manipulatives Lob keine positiven Effekte bei Mitarbeiterinnen hat.

2. Richtig Delegieren

Wer Aufgaben an seine Mitarbeiter delegiert, demonstriert diesen sein Vertrauen. Mitarbeiterinnen, die auf diese Weise Förderung, Rückendeckung und Wertschätzung durch die Praxisleitung erfahren, werden hoch motiviert sein, das entgegengebrachte Vertrauen zu rechtfertigen. Gleichzeitig entlastet das Delegieren den Arzt von bestimmten Aufgaben. Trotz dieser klaren Vorteile tun sich viele Ärzte mit dem Delegieren schwer: Sie übergeben der Mitarbeiterin eine Aufgabe und erwarten, dass diese in einer ganz bestimmten Weise abgearbeitet werden soll (dies nennt man „Scheindelegation“). Manche Praxisinhaber erledigen eine Aufgabe lieber gleich selber, weil „es schneller geht und das Ergebnis gut ist“. Sie lehnen Delegieren grundsätzlich ab, weil damit ein erhöhter Zeitaufwand verbunden ist, sowohl bei der Einweisung der Mitarbeiterin in ein neues Aufgabengebiet, als auch bei der Kontrolle der Ergebnisse. Denn vor einem Delegationsgespräch ist immer zu entscheiden, ob und an wen die Aufgabe überhaupt delegierbar ist.

Dabei sind folgende Fragen zu berücksichtigen:

  • Wissen: Verfügt die Mitarbeiterin über alle relevanten Kenntnisse und Informationen?
  • Können: Hat die Mitarbeiterin genügend Übung, um die Aufgabe zu erfüllen?
  • Wollen: Ist die Mitarbeiterin motiviert genug, die Aufgabe zu erfüllen?
  • Tun: Verfügt die Mitarbeiterin über Zeit und Freiräume, um die Aufgabe zu erledigen?

3. Richtig mit Fehlern umgehen

Eine besonders wichtige Rolle für den Praxiserfolg spielt erfahrungsgemäß auch die Fehlerkultur einer Praxis. Nur wenn die Mitarbeiterinnen das Gefühl haben, dass aus der Bekanntgabe eines eigenen Fehlers keine persönlichen Nachteile entstehen, kann die Praxisleitung sicher sein, von (in jeder Praxis auftretenden) Fehlern zeitnah zu erfahren. So lässt sich z. B. im Rahmen der regelmäßigen Teambesprechungen den Mitarbeiterinnen sehr gut vermitteln, dass man gemeinsam an der hohen Praxisqualität arbeitet und das Verheimlichen und das Vertuschen begangener Fehler hinderlich ist.

Von entscheidender Bedeutung ist dabei, wie man mit Fehlern umgeht: Statt fast reflexhaft die Frage „Wer war das?“ zu stellen, sollte im Zentrum einer konstruktiven Fehlerkultur die lösungsorientierte Fehlerbearbeitung stehen.

Sinnvoll sind hier folgende Fragen:

  • Wie lässt sich ein drohender Schaden minimieren (z. B. bezüglich der Patientenzufriedenheit)?
  • Welche Umstände haben zu dem Fehler beigetragen (z. B. Arbeitsüberlastung, unklare Kompetenzen, fehlende Kontrolle, unklar definierte Schnittstellen)?
  • Wie können wir verhindern, dass sich der Fehler wiederholt?

Autoren: Oliver Frielingsdorf, Dr. Andrea Schuhmacher, Köln


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