Weitere Erleichterung der arztgruppenübergreifenden Anstellung

In der Ausgabe 12/2013 haben wir über die Neuregelungen im Zusammenhang mit der Neufassung des Bundesmantelvertrages-Ärzte (BMV-Ä) zum Oktober 2013 berichtet. Eine der wesentlichen Änderungen soll an dieser Stelle hervorgehoben werden: Das bislang für Arztpraxen geltende Verbot der arztgruppenübergreifenden Anstellung von Ärzten, die nur auf Überweisung tätig werden oder überweisungsgebundene Leistungen durchführen, ist abgeschafft worden, vgl. § 14a BMV-Ä.

Arztpraxen werden Medizinischen Versorgungszentren gleichgestellt
Das bedeutet, dass Arztpraxen, die ohne Überweisung in Anspruch genommen werden können, nun auch Ärzte anstellen dürfen, die nur nach Überweisung aufgesucht werden können. Durch die Neuregelung werden Arztpraxen den Medizinischen Versorgungszentren (MVZ) gleichgestellt, für die das Verbot bislang nicht galt. In der Praxis bedeutet dies, dass sich Ärzte für Laboratoriumsmedizin, Mikrobiologie und Infektionsepidemiologie, Nuklearmedizin, Pathologie, radiologische Diagnostik bzw. Radiologie, Strahlentherapie und Transfusionsmedizin künftig in Praxen anstellen lassen können, die ohne Überweisung in Anspruch genommen werden können. Genauer gesagt kann daher nun etwa ein Pathologe als angestellter Arzt in einer chirurgischen Praxis arbeiten. Diese Neuregelung bedeutet zunächst eine weitere Vereinfachung der Anstellung von Ärzten.

Persönliche Leistungserbringung gewährleistet?
Grundsätzlich ist auch bei der Anstellung von Ärzten das Gebot der persönlichen Leistungserbringungspflicht zu beachten, vgl. § 32 der Ärzte-Zulassungsverordnung. Das bedeutet zwar nicht, dass der Arzt jede Leistung höchstpersönlich erbringen muss. Sie erfordert vom Arzt aber immer, dass er bei Inanspruchnahme – gerade fachfremder – Mitarbeiter zur Erbringung eigener beruflicher Leistungen leitend und eigenverantwortlich tätig wird. Bei der Anstellung fachfremder Ärzte ist dies höchst zweifelhaft, da der Praxisinhaber in diesen Fällen nicht über die gleiche fachliche Qualifikation verfügt. § 15 Abs. 1 BMV-Ä sieht allerdings für die Anstellung fachfremder Ärzte eine Durchbrechung des Gebots der persönlichen Leistungserbring vor, so dass die persönliche Leistungserbringung des angestellten Arztes dem Praxisinhaber zugerechnet wird.

Risiko Gewerbesteuerpflicht
Trotz arztrechtlicher Zulässigkeit ergeben sich aber unter Umständen steuerlichen Konsequenzen aus der Anstellung fachfremder Ärzte. Denn die persönliche Leistungserbringung ist eines der wesentlichen Merkmale freiberuflicher Tätigkeit. Bei der Anstellung fachfremder Ärzte ist daher fraglich, ob in diesen Fällen auch noch steuerlich von einer eigenverantwortlichen und leitenden Tätigkeit im Sinne eines freien Berufs ausgegangen werden kann. Einige Finanzgerichte bejahen daher die Gewerbesteuerpflicht des anstellenden Arztes, wenn der angestellte Arzt allein und eigenverantwortlich über die medizinische Versorgung der Patienten entscheidet, vgl. Finanzgericht Köln, Urteil vom 11.09.2007 – 9 K 2035/07. Maßgebend für eine endgültige Bestimmung der Einkunftsart sind jedoch immer die Gesamtumstände des jeweiligen Einzelfalls.

Auswirkungen auf die Praxis
Keine Auswirkungen hat die Neuregelung auf die Erbringung und Abrechnung privatärztlicher Leistungen, da keine entsprechenden gesetzlichen Änderungen vorgenommen wurden und in diesem Bereich daher nach wie vor das Gebot der persönlichen Leistungserbringung gilt. Unklar ist daher bislang, wie in diesem Fall die persönliche Leistungserbringung sichergestellt werden kann. Die Neuregelung hält bei genauerer Betrachtung – nicht zuletzt angesichts der strengen Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs zur Abrechnung ärztlicher Leistungen – erhebliche Risiken bereit. Es ist daher zu empfehlen, vorerst bis zum Vorliegen erster Gerichtsentscheidungen oder weiteren strukturellen gesetzlichen Änderungen mit entsprechenden Vorhaben zurückhaltend zu bleiben bzw. fachlichen Rat einzuholen.

Quelle: RAin Rosemarie Sailer, LL.M. Medizinrecht
WIENKE & BECKER – KÖLN, Rechtsanwälte,
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