Wirtschaftliche Aufklärung auch im Notfall
Privatärzte müssen Patienten sogar vor einer Notfallbehandlung darüber aufklären, dass sie die Behandlung privat zu begleichen haben. Dies hat aktuell der Verfassungsgerichtshof des Saarlandes mit Beschluss vom 07.04.2014 – L V 9/13 – entschieden.
Zum Sachverhalt:
Ein Arzt, der aufgrund verschiedener Pflichtverletzungen nicht mehr zur vertragsärztlichen Versorgung zugelassen war, sondern nur noch eine privatärztliche Praxis führte, trat mit dieser öffentlich als Betreiber eines ärztlichen Notfalldienstes auf und war auch im Telefonbuch mit einem entsprechenden Eintrag vertreten. Wegen hohen Fiebers suchte ein gesetzlich Krankenversicherter nachts die privatärztliche Praxis auf. Der Arzt legte diesem ein Formular der privatärztlichen Verrechnungsstelle vor mit dem Hinweis, er brauche noch eine Unterschrift, sonst könne er den Patienten nicht behandeln. Weitere Erläuterungen über die anfallenden Kosten gab es nicht. Die anschließende Rechnung in Höhe von 275,00 EUR wollte der Patient nicht bezahlen und wandte sich an Ärztekammer und Staatsanwaltschaft. Ein Ermittlungsverfahren wegen dieses und weiterer ähnlich gelagerter Fälle stellte die Staatsanwaltschaft schließlich gegen Zahlung einer Geldbuße von 5.000,00 EUR ein.
Verstoß gegen Berufsordnung:
Nachdem bereits das Ärztegericht sowie der Ärztegerichtshof einen Verstoß des Arztes gegen die ärztlichen Berufspflichten festgestellt und eine Geldbuße in Höhe von 1.500,00 EUR verhängt hatten, bestätigte nunmehr auch das Verfassungsgericht die Entscheidung. Die Privatbehandlung eines gesetzlich versicherten Patienten ist demnach nur auf dessen ausdrücklichen Wunsch hin zulässig. Der Patient müsse auch vor der Behandlung einschätzen können, welche Kosten auf ihn zukommen. Den Einwand des Arztes, der Patient habe nicht von sich aus seine Versichertenkarte vorgelegt, weshalb er ihn hätte privat behandeln dürfen, ließ das Gericht ebenfalls nicht gelten: Es gehöre zu den Pflichten des Arztes, den Versicherten nach seiner Versichertenkarte zu fragen. Der behandelnde Arzt müsse immer davon ausgehen, dass ein Patient gesetzlich krankenversichert sei und damit rechne, dass die in Anspruch genommenen Leistungen in der Regel nicht von ihm selbst, sondern durch seine gesetzliche Krankenkasse bezahlt werden. Im Notdienst erlaube das Gesetz auch Privatärzten eine Abrechnung über die gesetzlichen Kassen, wenn ein Vertragsarzt nicht zur Verfügung steht. Es sei hier naheliegend, dass der Patient von einem solchen Sachverhalt ausgegangen sei. Das Verhalten des Arztes verstoße damit gegen die berufsrechtliche Pflicht, den Beruf gewissenhaft auszuüben.
Fazit:
Die in § 630c BGB und § 18 Bundesmantelvertrag niedergelegte wirtschaftliche Aufklärung gilt demnach auch im Notfall, sofern der Patient zugänglich und ansprechbar ist. Um Honorarausfälle bzw. berufsrechtliche Sanktionen oder sogar Ermittlungen der Staatsanwaltschaft zu vermeiden, ist daher im Zusammenhang mit der wirtschaftlichen Aufklärung größte Sorgfalt an den Tag zu legen.
Quelle: RAin Rosemarie Sailer, LL.M. Medizinrecht
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