Bundessozialgerichts trifft neue wichtige Entscheidungen

Das Bundessozialgericht (BSG) hat am 15. August 2012 erneut mehrere Entscheidungen getroffen, die für Vertragsärzte von Bedeutung sind.

Einzelarztpraxis darf nicht als GmbH geführt werden
Zunächst hat das BSG in dem Termin vom 15.08.2012 entschieden, dass ein Arzt keinen Anspruch hat, seine Zulassung auf eine juristische Person des Privatrechts (z.B. GmbH) zu übertragen, in deren Rechtsform er künftig vertragsärztlich tätig werden will.

In dem Streitfall hatte ein Psychotherapeut beim Zulassungsausschuss beantragt, seine Zulassung auf eine Gesellschaft mit der britischen Rechtsform einer sog. Limited zu übertragen. Der Antrag blieb vor dem Zulassungsausschuss wie vor dem beklagten Berufungsausschuss ohne Erfolg. Ebenso sind Klage und Berufung erfolglos geblieben.

Auch das BSG sah keinen Anspruch des Psychotherapeuten seine Zulassung auf eine Limited zu übertragen. Hierzu führte das BSG aus, dass – abgesehen von der Sondersituation des medizinischen Versorgungszentrums (MVZ) – nur eine natürliche Person zur vertragsärztlichen Versorgung zugelassen werden könne. Diese könne von der ihr erteilten Zulassung nicht in der Rechtsform einer Kapitalgesellschaft Gebrauch machen. Ob es sich dabei um eine juristische Person nach deutschem Recht (GmbH) oder nach britischem Recht (Limited) handle, spiele insoweit keine Rolle.

Der Wortlaut des § 95 SGB V sei in Bezug auf die Zulassung und Teilnahme von Ärzten (Psychotherapeuten, Zahnärzten) zu der und an der vertrags(zahn)ärztlichen Versorgung eindeutig: Der Arzt werde zugelassen, ihn persönlich treffe die Pflicht zur Behandlung der Versicherten, er werde Mitglied der KÄV und unterliege ihrer Disziplinargewalt. Die Sondervorschriften für MVZ seinen auf Einzelpraxen nicht über-tragbar. (Az.: B 6 KA 47/11 R)

Folgen verspäteter RLV-Zuweisung
Das BSG beschäftigte sich zudem mit der Fortgeltung des bisherigen RLV im Falle der verspäteten Zuweisung des neuen RLV durch die jeweilige Kassenärztliche Vereinigung (KV).

Kläger war ein Praktischer Arzt, dem der Bescheid über das RLV für das Quartal II/2009 erst am Anfang März 2009 zugegangen war. Er war der Auffassung, für dieses Quartal gelte das höhere RLV des Quartals I/2009 fort, da die Zuweisung des neuen RLV nicht spätestens vier Wochen vor Beginn des Quartals II/2009 erfolgt sei. Die Vier-Wochen-Frist des 87b Abs. 5 SGB V könne nur dahin verstanden werden, dass der Arzt Zahlungsansprüche aus dem höheren RLV habe, wenn die Mitteilung des RLV später als vier Wochen vor Quartalsbeginn erfolge.

Das BSG stellte jedoch klar, dass die KV dem Arzt zwar das neue RLV nicht innerhalb der Vier-Wochen-Frist des § 87b Abs. 5 Satz 1 SGB V (a.F.) zugewiesen habe. Jedoch handle es sich hierbei um eine bloße Ordnungsfrist. Daher würde eine Fortgeltung des bisherigen RLV auch nicht zwingend das gesamte Folgequartal umfassen, sondern lediglich den Zeitraum bis zur (verspäteten) Zuweisung des neuen RLV; dies lege schon die vom Gesetz vorgegebene „vorläufige“ Weitergeltung nahe. (Az.: B 6 KA 38/11 R)

Unterbrechung der Verjährungsfrist für Regresse
Letztlich hatte das BSG in zwei Fällen zu entscheiden, ob die vierjährige Ausschlussfrist für einen Honorarregress gehemmt werden kann, so dass der Prüfungsausschuss auch nach dieser Zeit noch einen Regress festsetzen kann.

Grundsätzlich muss ein Prüfbescheid innerhalb einer Ausschlussfrist von vier – bei einer Richtgrößenprüfung innerhalb von zwei – Jahren nach Bekanntgabe des Honorarbescheids erlassen werden. Das BSG hatte nunmehr in zwei Fällen zu entscheiden, in denen der Prüfungsausschuss einen Regress erst nach Ablauf dieser Frist festgesetzt hatte.

Hierzu führte das BSG aus, dass die Ausschlussfrist für den Regress nur dann wirksam unterbrochen werden könne, wenn der Prüfungsausschuss dem Arzt schriftlich mitteile, dass eine Überprüfung erfolgen solle und zudem hinreichend begründe, warum er die Prüfung nicht früher abschließen könne. Eine bloße Prüfankündigung genüge hingegen nicht.

Im ersten Fall hatte der Prüfungsausschuss einen Regress aufgrund einer Wirtschaftlichkeitsprüfung erst mehr als vier Jahre nach Abschluss der jeweils betroffenen Quartale festgesetzt. Die vierjährige Ausschlussfrist war nach Ansicht des BSG hier jedoch durch die Mitteilung gehemmt, dass eine Überprüfung der Verordnungsweise der Praxis nach Durchschnittswerten erfolgen solle, diese Prüfung aber bis zur Entscheidung über die Durchführung von Richtgrößenprüfungen zurückgestellt werde. In dieser Situation sei der Prüfungsausschuss an einem Tätigwerden gehindert gewesen, weil nach dem Gesetz vorrangig eine Richtgrößenprüfung durchzuführen gewesen wäre. Der Regress konnte aufgrund der gehemmten Ausschlussfrist daher noch festgesetzt werden. (Az.: B 6 KA 27/11 R)

Anders entschied das BSG in dem zweiten Fall, in dem der Prüfungsausschuss die Gemeinschaftspraxis nur darüber informiert hatte, dass eine Prüfung beabsichtigt sei. Warum diese nicht umgehend in Gang gesetzt und zeitnah abgeschlossen werden könne, habe der Prüfungsausschuss ebenso wenig erläutert, wie er Hinweise auf eine eventuell vorrangige Richtgrößenprüfung gegeben habe.

Ohne einen berechtigten und der betroffenen Arztpraxis gegenüber zutreffend dargelegten Grund für eine Aussetzung des Prüfverfahrens könne der Prüfungsausschuss eine von ihm zu beachtende Ausschlussfrist nicht wahren oder hemmen. Die schlichte Mitteilung, er wolle tätig werden, reiche für eine Hemmung der Frist nicht aus. Die Verjährung wurde daher in diesem Falle nicht unterbrochen, so dass der Regress nicht mehr festgesetzt werden durfte. (Az.: B 6 KA 45/11 R)

Quelle: RAin Anna Stenger, LL.M., Fachanwältin für Medizinrecht
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