Keine Mitunternehmerschaft trotz Gemeinschaftspraxis

Die Tätigkeit einer ärztlichen Gemeinschaftspraxis (BAG) kann nach einem Urteil des Finanzgerichts Düsseldorf vom 19.09.2013 aufgrund der Abfärbewirkung des § 15 Abs. 3 Nr. 1 des Einkommensteuergesetzes in vollem Umfang als Gewerbebetrieb anzusehen sein, wenn einer zivilrechtlich als Gesellschafterin in die Gesellschaft bürgerlichen Rechts (GbR) aufgenommenen Ärztin – aufgrund der fehlenden Beteiligung am Gewinn und an den stillen Reserven – nicht die Stellung einer Mitunternehmerin zukommt. Dies gilt insbesondere dann, wenn die aufgenommene Ärztin eigenverantwortlich und ohne Überwachung und persönliche Mitwirkung der übrigen Gesellschafter tätig wird oder als fachfremde Ärztin angestellt wird.

Mitunternehmerschaft entscheidend
Zwei in einer BAG tätigen Ärzte hatten eine weitere Kollegin in die BAG aufgenommen, diese wurde aber zunächst weder am materiellen Wert noch am Goodwill beteiligt; vereinbart wurde eine vom Honorarumsatz der Kollegin abhängige Gewinnzuteilung. Das Finanzgericht erkannte zwar an, dass die Kollegin zivilrechtlich Gesellschafterin der dreigliedrigen Gemeinschaftspraxis geworden war, nicht aber steuerrechtlich als Mitunternehmerin anzusehen sei. Mitunternehmer einer GbR sei nur, wer die Merkmale der Mitunternehmerinitiative und des Mitunternehmerrisikos erfülle und damit Teilhaber am Erfolg oder Misserfolg eines gewerblichen oder freiberuflichen Unternehmens sei. Das volle Mitunternehmerrisiko von Gesellschaftern einer GbR sei im Regelfall dadurch gekennzeichnet, dass das Unternehmen im Innenverhältnis auf gemeinsame Rechnung und Gefahr der einzelnen Gesellschafter geführt werde. Der Gesellschafter müsse daher nicht nur am laufenden Unternehmenserfolg beteiligt sein. Darüber hinaus müssten die Regelungen des Gesellschaftsvertrages die Gewähr dafür bieten, dass er grundsätzlich im Falle der Beendigung des Gesellschaftsverhältnisses entsprechend seinem Gewinnanteil einen Anspruch auf den Zuwachs der stillen Reserven (Goodwill) einschließlich des Zuwachses an dem Firmenwert habe. Wenn aber – wie hier – der Gewinn der Gesellschafterin ausschließlich vom selbstgetätigten Umsatz abhänge und daher eine Teilnahme nur am Misserfolg, nicht aber am Erfolg und den Gewinnchancen der gesamten GbR bestehe, läge steuerrechtlich keine Mitunternehmerschaft vor.

Steuerrechtliche „Infizierung“ der gesamten Einnahmen
Die Umstände einer fehlenden Mitunternehmerschaft würden sich – ähnlich wie bei der verkappten Anstellung von Juniorpartnern oder der Anstellung fachfremder Ärzte – auch auf die Einordnung der Einkünfte der BAG auswirken: Insoweit sei davon auszugehen, dass sämtliche Einkünfte der BAG der Gewerbesteuer unterliegen. Freiberuflich werde ein Arzt nur dann tätig, wenn er aufgrund eigener Fachkenntnisse leitend und eigenverantwortlich seinen Beruf ausübe. Dies setze voraus, dass die persönliche Teilnahme des Berufsträgers an der praktischen Arbeit in ausreichendem Umfang gewährleistet werde. Die Ausführung jedes einzelnen Auftrages müsse dem Steuerpflichtigen selbst, also den Praxisinhabern, und nicht dem qualifizierten Mitarbeiter zuzurechnen sein. Sofern die junge Kollegin die von ihr behandelten Patienten eigenverantwortlich, insbesondere ohne Überwachung und persönliche Mitwirkung der beiden anderen Kollegen behandelt habe, könnten die Leistungen der Kollegin den beiden anderen Gesellschaftern nicht im Sinne der Ausübung eines freiberuflichen Geschehens zugeordnet werden. Die Einkünfte der Kollegin – rechtlich gesehen Einkünfte aus Einzelunternehmen – hätten damit über § 15 Abs. 3 Nr. 1 des Einkommensteuergesetzes eine Abfärbung der gewerbesteuerlichen Tätigkeit auf die Gesamteinkünfte der Praxis zur Folge.

Schlussfolgerungen
Für alle kooperationswilligen Ärzte bedeutet dies, dass nur echte Mitunternehmerschaften, bei denen sowohl ein Mitunternehmerrisiko als auch eine Mitunternehmerinitiative übernommen und gelebt wird, den steuerlichen Anforderungen genügen. Besonders bei sogenannten Null-Beteiligungen oder verkappten Anstellungsverhältnissen drohen nach der Rechtsprechung der Finanzgerichte restriktive Konsequenzen, welche zu erheblichen nachträglichen wirtschaftlichen Belastungen der gemeinsamen Berufsausübung führen können. Bei der Gestaltung und der Ausübung gemeinsamer beruflicher Tätigkeit sind daher die steuerlichen Maßgaben sorgfältig zu berücksichtigen.

Quelle: RAin Rosemarie Sailer, LL.M. Medizinrecht
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