Strategische Planung der Praxisabgabe
Die Praxisabgabe ist heute in vielen Regionen kein Selbstläufer mehr. Der persönliche Wunschtermin für die Beendigung der freiberuflichen Tätigkeit sollte daher frühzeitig festgelegt werden, um einige Jahre vor diesem Termin die Praxisabgabe professionell vorzubereiten. Sowohl für die systematische Suche nach Übernahme-Interessenten sollten heute abseits der Großstädte mehrere Jahre eingeplant werden, als auch für die abgabegerechte Positionierung der Praxis. Letzteres wird vielfach unterschätzt. Die Interessen und Präferenzen der jungen Ärztegeneration weichen vielfach deutlich von denjenigen früherer Generationen ab. Eine frühzeitige Ausrichtung der Praxis auf die Bedürfnisse der nachrückenden Ärzteschaft erhöht daher die Chancen auf eine erfolgreiche Praxisabgabe.
Weit oben auf der Wunschliste steht die Möglichkeit, kooperativ mit anderen Ärzten zusammen zu arbeiten. Anteile an Gemeinschaftspraxen (ggf. auch standortbergreifend) sind daher deutlich begehrter, als die klassische Einzelpraxis. Wer noch einige Jahre bis zur geplanten Praxisabgabe hat, kann daher überdenken, ob der Anschluss an eine bestehende Kooperation die Chancen für die eigenen Praxisabgabe erhöht. Neben der beruflichen und zeitlichen Flexibilität schätzen junge Ärzte an einer Gemeinschaftspraxis insbesondere auch die erhöhte wirtschaftliche und medizinische Sicherheit in einer kooperativ betriebenen Einrichtung.
Dem Bedürfnis nach Sicherheit tragen daneben auch weitere Maßnahmen Rechnung. So verursacht die Erstellung einer kleinen „Betriebsanleitung“ für die Praxis (mit Angaben zu Zuständigkeiten, Checklisten, wichtigen Terminen. Lieferanten und sonstigen Hinweisen) dem erfahrenen Praxisinhaber wenig Aufwand. Aus der Sicht eines jungen, praxisunerfahrenen Übernahme-Interessenten kann eine solche Betriebsanleitung hingegen der entscheidende Mosaikstein sein, der seine Zweifel zerstreut, die teuer erworbene Praxis auch erfolgreiche führen zu können.
Da bei Entscheidungen von großer Tragweite (eine solche ist die Übernahme einer Praxis zweifellos) auch das Bauchgefühl mitentscheidet, sollte in der Regel eine teilweise Renovierung der Praxis vor der Praxisabgabe Pflicht sein. Immerhin soll sich ein junger Kollege vorstellen können, in diesen Räumlichkeiten seine berufliche Tätigkeit über viele Jahre durchführen zu können.
Weitergehende Maßnahmen, die die wirtschaftliche Sicherheit einer Praxis erhöhen, bestehen in der Diversifizierung der Einnahmestruktur. Wer 90% seiner Einnahmen aus dem KV-Bereich generiert, weiß aus eigener Erfahrung, dass erhebliche Abhängigkeit gegenüber den Entscheidungen der KV besteht. Dies wissen auch junge Mediziner, die häufig gut informiert oder beraten in Übernahmeverhandlungen einsteigen. Daher machen sich bspw. vertragliche Vereinbarungen mit dem Krankenhaus, der Beitritt zu lukrativen Kassen-Verträgen oder auch der Ausbau eines Wahlleistungsangebots als weitere Umsatzstandbeine hinsichtlich der Übernahmen-Attraktivität der Praxis gut.
Schließlich sollte heute nicht unterlassen werden, Verhandlungen auch mit Großpraxen und MVZ in der Umgebung zu führen. Denn nicht selten besteht in diesen Einrichtungen ein Expansionswunsch, der durch Übernahme eines weiteren (Ihres?) Standortes, eines Patientenstammes sowie der dazugehörigen Zulassung realisierbar ist.