Leistungsbeschränkung bei Genehmigung einer Zweigpraxis?

Immer mehr Vertragsärzte machen von der Möglichkeit Gebrauch, eine „Filiale“ ihrer vertragsärztlichen Praxis in benachbarten Ortschaften oder Stadtteilen zu gründen, um dadurch das von Ihnen versorgte Gebiet auszudehnen und mehr Marktpräsenz zu zeigen.

Das Bayerische Landessozialgericht (LSG) musste sich mit der Frage beschäftigen, ob die Gründung einer Zweigpraxis auch in einem gesperrten Planungsbezirk genehmigt werden darf. Hintergrund dieser Frage ist, dass nach den gesetzlichen Bestimmungen eine Praxisfiliale nur dann zulässig ist, wenn sich durch die Zweigpraxis das Leistungsangebot im betreffenden Gebiet verbessert. Besteht jedoch eine Überversorgung in der Region, so dass der Planungsbereich für neue Zulassungen gesperrt ist, liegt nach Ansicht des LSG-Senats auf der Hand, dass eine Filialtätigkeit keine Verbesserung darstellen könne, da der Bereich ohnehin bereits überversorgt ist.

Das LSG stützt seine Rechtsansicht mit einer Kontrollüberlegung: Auf Grund der Überversorgung werde Berufsanfängern verweigert, sich an dem jeweiligen Ort als Vertragsarzt niederzulassen. Es sei widersprüchlich, wenn einerseits neue Zulassungen auf Grund der Überversorgung nicht vergeben würden, andererseits bereits niedergelassene Ärzte sich im gesperrten Bezirk unbeschränkt in ihrer Praxisfiliale betätigen dürften unter Hinweis auf eine Verbesserung der Versorgung. Hier stelle sich die Frage, ob eine solche Entscheidungspraxis vor dem grundrechtlich geschützten Gleichheitsgebot vertretbar sei.

Daher hatte das LSG im konkreten Fall die Zweigpraxis nur mit der Auflage als zulässig bewertet, dass in der Zweigpraxis lediglich bestimmte Leistungen angeboten werden dürften, die sonst in der Region nicht erbracht wurden.

(Bayerisches Landessozialgericht, L 12 KA 3/08)

Fazit: Das Bayerische Landessozialgericht hat die Revision zum Bundessozialgericht zugelassen. Es bleibt abzuwarten, wie der 6. Senat beim BSG die Tatbestandsmerkmale der Verbesserung der Versorgung auslegen wird. Bereits bei der Verabschiedung des Vertragsarztrechtsänderungsgesetzes durch den Bundestag wurde die Unschärfe der tatbestandlichen Merkmale, die zur Genehmigung einer Zweigpraxis führen sollen, vielfach kritisiert. Einmal mehr liegt es nun bei den Gerichten, die Arbeiten des Bundestages insoweit nachzubessern.

Die in diesem Zusammenhang vertretenen Rechtsansichten reichen von der Annahme, dass bereits die Eröffnung einer Zweigpraxis eine Verbesserung des Versorgungsangebots darstelle, da nun ein weiterer zusätzlicher Arzt in dem Bereich tätig ist, bis hin zur anderen Extremposition, die für die Zulässigkeit einer Filiale dieselben Voraussetzungen anwendet, die für eine Sonderbedarfszulassung gelten, nämlich eine unbedingt zu füllende Lücke im Versorgungsangebot.

Da jedoch die Bedarfsplanung eigentlich bei der Genehmigung von Zweigpraxen nach dem Willen des Gesetzgebers keine Rolle spielen dürfe, kann es nicht sein, dass die Verhältniszahlen wie im gewöhnlichen Zulassungsverfahren überprüft und zu einem Kriterium der Genehmigungsfähigkeit einer Zweigpraxis gemacht werden. Es bleibt zu hoffen, dass das Bundessozialgericht den gesetzgeberischen Impetus insoweit befolgt und berücksichtigt.

Quelle: RA Olaf Walter, Fachanwalt für Medizinrecht
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