Mutterschutz in der Arztpraxis

Auswirkungen von mutterschutzrechtlichen Beschäftigungsverboten und Arbeitsunfähigkeit für Arbeitgeber und betroffene Frauen
 
Werdende und stillende Mütter stehen unter dem besonderen Schutz des Mutterschutzgesetzes (MuSchG). Dadurch werden sie nicht nur im Beruf arbeitsrechtlich besonders geschützt, sondern auch vor und nach der Geburt eines Kindes weitgehend finanziell abgesichert. Die praktische Umsetzung wirft jedoch immer wieder Fragen auf, sowohl seitens der Arbeitnehmerinnen als auch der Arbeitgeber. Insbesondere bei gesundheitlichen Beschwerden schwangerer Arbeitnehmerinnen stellt sich die Frage, ob die Erkrankung im Zusammenhang mit der Schwangerschaft steht und ein Beschäftigungsverbot auszusprechen ist oder ob es sich um Arbeitsunfähigkeit handelt. Diese Abgrenzung hat sowohl für die schwangere Arbeitnehmerin als auch für den Arbeitgeber unterschiedliche finanzielle Folgen.
 
Mutterschutzlohn bei Beschäftigungsverboten
 
Nach § 11 Abs. 1 MuSchG hat eine schwangere Arbeitnehmerin Anspruch auf Weiterzahlung ihres bisherigen (Brutto)Arbeitslohns, wenn sie wegen eines Beschäftigungsverbots ganz oder teilweise mit der Arbeit aussetzt. Die Lohnweiterzahlung gilt zeitlich unbegrenzt. Unterschieden wird ein auf die persönliche gesundheitliche Gefährdung bezogenes „individuelles“ von einem arbeitsplatzbezogenen „generellen“ Beschäftigungsverbot: Nach dem individuellen Beschäftigungsverbot nach § 3 MuSchG dürfen werdende Mütter nicht beschäftigt werden, soweit nach ärztlichem Zeugnis Leben oder Gesundheit von Mutter oder Kind bei Fortdauer der Beschäftigung gefährdet ist. Demnach können normale Beschwerden der Schwangerschaft, wie z.B. Übelkeit/Erbrechen, Symphysen-Schmerz bei sitzender Tätigkeit, das Vorliegen einer Risiko-/Mehrlingsschwangerschaft oder die Neigung zu Fehlgeburten, in Ausnahmefällen aber auch besonders psychischer Stress, ein individuelles Beschäftigungsverbot begründen. Hingegen zielt das arbeitsplatzbezogene generelle Beschäftigungsverbot nach § 4 MuSchG nicht auf den Gesundheitszustand der werdenden Mutter ab, sondern auf die Tätigkeit und ihre Auswirkungen auf die Schwangerschaft. Es umfasst beispielsweise schwere körperliche und gesundheitsgefährdende Arbeiten.
 
Lohnfortzahlung statt Mutterschutzlohn bei krankheitsbedingter Arbeitsunfähigkeit
 
Keinen Mutterschutzlohn bei Beschäftigungsverboten erhalten Arbeitnehmerinnen, die arbeitsunfähig erkrankt sind. Dann sind allein die Vorschriften des Entgeltfortzahlungsgesetzes einschlägig mit der Folge, dass der Arbeitgeber nach sechswöchiger Entgeltfortzahlung von einer weiteren Vergütungspflicht befreit ist und die Krankenversicherung Krankengeld zahlt. Jedoch sind die Grenzen zwischen dem ärztlichen Beschäftigungsverbot nach dem MuSchG und einer Arbeitsunfähigkeit mitunter fließend. Entscheidend für die Abgrenzung ist, ob Beschwerden vorliegen, welche einen Krankheitswert haben, so z.B. ein viraler Infekt, eine Fraktur, Herz- und Kreislauferkrankung. Handelt es sich nicht um einen krankhaften Zustand, kommt ein Beschäftigungsverbot in Betracht. Nur wenn das mutterschutzrechtliche Beschäftigungsverbot die alleinige und nicht wegzudenkende Ursache für das Aussetzen von der Arbeit der Schwangeren ist, besteht der Anspruch auf Mutterschutzlohn. Pauschal gesagt, gehen Lohnfortzahlung und Krankengeld im Krankheitsfall dem Mutterschutzlohn vor.
 
Ausgleich für den Arbeitgeber bei Lohnfortzahlung
 
Der Arbeitgeber ist für beide Fälle basierend auf dem Aufwendungsausgleichsgesetz (AAG) finanziell (teil-)abgesichert. Für die Lohnfortzahlung durch mutterschutzrechtliche Beschäftigungsverbote kommt das „U2“-Ausgleichsverfahren zum Zuge. Hiernach werden dem Arbeitgeber 100 % der Lohnfortzahlungskosten (zuzüglich des Arbeitgeberanteils an den Sozialversicherungsbeiträgen) erstattet. Für die Lohnfortzahlung im Krankheitsfall existiert das „U1“-Ausgleichsverfahren. Danach werden dem Arbeitgeber umlagefinanziert je nach versicherter Absicherungsquote 50% – 85% der Lohnfortzahlungskosten erstattet.
 
Quelle: RAin Rosemarie Sailer, LL.M., Fachanwältin für Medizinrecht, WIENKE & BECKER – KÖLN, Rechtsanwälte, Sachsenring 6, 50677 Köln, Tel.: 0221/3765-310, Fax: 0221/3765-312, www.Kanzlei-WBK.de


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