Notdienstpflicht am Sitz der Zweigpraxis

In einer aktuellen Entscheidung hat das Landessozialgericht Nordrhein-Westfalen (LSG NRW) entschieden, dass Vertragsärzte auch am Sitz ihrer Zweigpraxis am organisierten Notfalldienst teilnehmen müssen.

Die KV Westfalen-Lippe hatte zwei Gynäkologen zum Notfalldienst auch am Ort ihrer Zweigpraxis eingeteilt. Die KV verwies darauf, dass die Zweigpraxis ebenso wie der Vertragsarztsitz eine ärztliche Niederlassung sei, an der die Verpflichtung zur Teilnahme am organisierten Notfalldienst bestehe. Hiergegen wehrten sich die Gynäkologen mit dem Widerspruch, der von der KV zurückgewiesen wurde. Nachdem das Sozialgericht dem Begehren der Vertragsärzte zunächst entsprochen hatte, hat das Landessozialgericht jedoch entschieden, dass die Verpflichtung der Vertragsärzte zum Notfalldienst am Sitz ihrer Zweigpraxis rechtmäßig sei.

Zur Begründung verwies das LSG darauf, dass die Inhaber einer Zweigpraxis die Genehmigung der Zweigpraxis gerade wegen der Verbesserung der vertragsärztlichen Versorgung durch diese Zweigpraxis erhalten haben. Diese Verbesserung der Versorgung müsse sich auch im Notfalldienst niederschlagen. Ein Vertragsarzt übernehme mit seiner Zulassung zudem die Verpflichtung, auch außerhalb der Sprechstundenzeiten für die Sicherstellung der vertragsärztlichen Versorgung seiner Patienten zur Verfügung zu stehen. Hieraus folge die Verpflichtung zur Teilnahme am Notfalldienst. Dies gelte für die Versorgung seiner Patienten am Ort der Zweigpraxis entsprechend, so dass der Arzt auch am Ort der Zweigpraxis die Versorgung seiner Patienten durch die Teilnahme am organisierten Notfalldienst sicherstellen müsse.

Vgl. LSG NRW, Beschluss vom 23.12.2009 – L 11 B 19/09 KA ER.

Praxistipp:
Die Einteilung zum organisierten Notfalldienst ist zunächst immer anhand der für den Bezirk des Betroffenen geltenden Notfalldienstordnung zu prüfen. Diese wird in der Regel von der jeweiligen Kassenärztlichen Vereinigung in Zusammenarbeit mit der Ärztekammer des Bezirks erlassen.

Bislang sind in den meisten Notfalldienstordnungen keine besonderen Regelungen für die Heranziehung der Zweigpraxisinhaber enthalten, so dass die Einteilung zumeist an die Tätigkeitsorte des Arztes geknüpft werden wird. Dabei ist davon auszugehen, dass der Sitz der Hauptpraxis unverändert mit dem 1,0-fachen Faktor herangezogen wird, da die Versorgung am Hauptsitz durch den Betrieb der Zweigpraxis nicht beeinträchtigt werden darf.

In welchem Umfang die Zweigpraxis einbezogen wird, dürfte an dem Umfang der Sprechstundenzeiten der Zweigpraxis bemessen werden. Ergibt sich insgesamt eine übermäßige Heranziehung zum Notfalldienst, besteht auch bei dem Betrieb einer Zweigpraxis unter bestimmten Voraussetzungen (z.B. Belegarzttätigkeit, gesundheitliche Beeinträchtigungen, anderweitige Bereitschaftsdienste, familiäre Belastungen) die Möglichkeit, eine Begrenzung oder Befreiung von der Notdiensttätigkeit zu beantragen.

Quelle: RA Olaf Walter, Fachanwalt für Medizinrecht
WIENKE & BECKER – KÖLN, Rechtsanwälte,
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