Verbot überörtlicher Gemeinschaftspraxen ist verfassungswidrig!

In einer aktuellen Entscheidung hat das Landgericht (LG) Nürnberg-Fürth das in den ärztlichen Berufsordnungen enthaltene Verbot überörtlicher Berufsausübungsgemeinschaften (Gemeinschaftspraxis und Ärztepartnerschaft) für verfassungswidrig erklärt. Zwar solle die Bindung der ärztlichen Tätigkeit an einen Ort die ordnungsgemäße Behandlung der Patienten gewährleisten und die kontinuierliche Betreuung durch den jeweils behandelnden Arzt sowie die persönliche Leistungserbringung durch ihn sicherstellen, erkannten die Richter an. Dies rechtfertige aber nicht, überörtliche Berufsausübungsgemeinschaften grundsätzlich zu verbieten. Haben in einer überörtlichen Gemeinschaftspraxis einige der Partner verschiedene Praxis- und Vertragsarztsitze und werden sie jeweils nur in ihren Niederlassungsorten und innerhalb der vertragsärztlich vorgeschriebenen Bereiche tätig, dann sei den genannten Belangen genüge getan. Allein die abstrakte Gefahr, dass in überörtlichen Gemeinschaftspraxen zusammengeschlossene Ärzte nicht an ihrem eigentlichen Praxissitz tätig werden, könne das Verbot der überörtlichen Ärztesozietät nicht tragen.

Das Bundessozialgericht (BSG) hatte überörtliche Berufsausübungsgemeinschaften bisher nur bei Laborärzten für zulässig erachtet und dies mit der fehlenden Patientenbindung begründet. Die entgegenstehende Entscheidung des LG Nürnberg-Fürth öffnet die Tür für überörtliche Berufsausübungsgemeinschaften jetzt aber ein gutes Stück weiter; vor dem Hintergrund der Rechtsprechung des BSG dürfte absolute Rechtssicherheit aber erst nach einer Entscheidung des Bundesgerichtshofs oder des Bundesverfassungsgerichts herrschen. (LG Nürnberg-Fürth, Beschl. v. 23.01.2004 – 4HK T 5237/03)

Praxistipp: Bei der Gründung einer überörtlichen Gemeinschaftspraxis oder Ärztepartnerschaft dürfte es derzeit hilfreich sein, die Bindung der Ärzte an ihren jeweiligen Standort explizit im Gesellschaftsvertrag zu fixieren. Dadurch wird der Ärztekammer von vornherein signalisiert, dass die Ärzte ihre Tätigkeit unverändert an nur einem Standort ausüben wollen und möglicherweise vermieden, dass sich die Kammer auf die Rechtsprechung des BSG beruft.

Quelle: Rechtsanwälte Wienke & Becker – Köln, Bonner Straße 323, 50968 Köln, Tel.: 0221/3765-30, Fax.: 0221/3765-312, newsletter@kanzlei-wbk.de, www.info.kanzlei-wbk.de


In Kontakt bleiben: