Vereinfachte Praxiswertermittlung birgt wirtschaftliches Risiko

Zur professionellen Vorbereitung einer Verhandlungsrunde mit einem potenziellen Praxis(anteils)übernehmer ist eine realistische Einschätzung des eigenen Praxiswertes unverzichtbar. Um Aufwand und Kosten zu sparen, greifen Praxisinhaber teilweise leider auf einfache Multiplikatoren zurück, mit deren Hilfe angeblich der Praxiswert eingeschätzt werden könne. Grundsätzlich kann mit einfachen Multiplikatoren, die auf den Praxisgewinn oder -umsatz angewendet werden, eine fundierte Praxiswertermittlung nicht durchgeführt werden. Denn tatsächlich schwanken die angemessenen Gewinn-Vielfache abhängig von Praxisgröße und individueller Praxissituation ganz erheblich.
 
Insbesondere Inhabern von großen und überdurchschnittlich ertragsstarken Praxen in aussichtsreicher Lage droht bei einer „sparsamen“ Praxiswertermittlung ein mitunter beträchtlicher Vermögensschaden. Hierbei kommen mehrere Probleme zusammen. Zum einen bergen verallgemeinerte Gewinn- oder Umsatz-Multiplikatoren grundsätzlich die Gefahr einer ggf. massiven Fehleinschätzung. Zum anderen stellt der aus der steuerlichen Gewinnermittlung abgelesene bisherige Praxisgewinn keine verlässliche Grundlage für die Praxiswertermittlung dar. Die entscheidende Größe für den Praxiswert ist stattdessen der künftig von einem Übernehmer erzielbare Gewinn.
 
Um diese Größe zu ermitteln, müssen die Zahlen der steuerlichen Gewinnermittlung zunächst objektiviert werden. Dies bedeutet, dass alle Sonderfaktoren, Einmaleffekte, die steuerliche AfA, Darlehenszinsen etc. zu bereinigen sind – teilweise gewinn- und damit praxiswerterhöhend. Sodann ist zu prognostizieren, welche betriebswirtschaftlichen Überschüsse künftig anfallen werden. Dieser Wert entspricht nur selten dem bisherigen steuerlichen Jahresergebnis. Erst danach liegt ein Maßstab vor, mit dessen Hilfe der Wert der Praxis taxiert werden kann.
 
Als Faustregel kann gelten, dass spätestens ab einem Praxisgewinn von € 200.000 pro Jahr und Arzt die Erstellung eines Praxiswertgutachtens angezeigt ist. Denn bereits wenige Prozente Abweichung vom Praxiswert stellen bei hochwertigen Praxen bereits ein kleines Vermögen dar. Auch bei kleineren Praxen und ohnehin bei Gesellschafterwechseln in Gemeinschaftspraxen ist ein Praxiswertgutachten erfahrungsgemäß in vielen Fällen nützlich. Das Honorar für ein Praxiswertgutachten wird häufig zwischen Praxisabgeber und Praxisübernehmer geteilt und ist zudem steuerlich absetzbar.


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