Ärztliche Bewertungsportale: Schlecht bewertet – was tun?
Hin und wieder kommt es vor, dass der – zu Recht oder zu Unrecht – verärgerte Patient oder gegebenenfalls auch der Konkurrent von nebenan einen unschönen Bewertungsbeitrag ins Netz stellt. Wie viel Kritik ein Arzt hinnehmen muss, und ob und wie er sich gegebenenfalls gegen die Bewertung wehren kann, soll im Folgenden dargestellt werden:
Zunächst ist es aus Datenschutzgründen unbedenklich, im Rahmen von Bewertungen den Namen und den Praxissitz des Arztes zu nennen, wenn diese Daten schon an anderer Stelle veröffentlicht waren, etwa durch eine eigene Homepage oder einen Telefonbucheintrag.
Sehr wohl bedenklich ist es aber, dass zwar jedermann das Recht hat, informiert zu werden, wenn ein öffentlicher Beitrag über ihn erscheint, eine Benachrichtigung des Arztes aber in den meisten Fällen nicht durch den Internetportalbetreiber erfolgt, und er – wenn überhaupt – zufällig auf den Kommentar aufmerksam wird. Allein deswegen kann der Arzt aber noch nichts gegen den Beitrag unternehmen.
Artikel 5 des Grundgesetzes garantiert die Meinungsfreiheit, auch in Bezug auf Äußerungen im Internet. Nicht erlaubt ist es allerdings, falsche Tatsachen zu behaupten.
Der Unterschied besteht darin, dass Meinungen subjektiv sind und vom Element der Stellungnahme und des Dafürhaltens geprägt. Tatsachenbehauptungen sind auf ihre Richtigkeit hin überprüfbar und können – im Gegensatz zu Meinungen – mit richtig oder falsch bewertet werden. Eine kritische Auseinandersetzung mit seiner Leistung muss der Arzt daher dulden. Dadurch wird er insbesondere nicht in seinem grundrechtlich verbürgten allgemeinen Persönlichkeitsrecht verletzt. Insoweit gelten die Grundsätze der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs (BGH) zu Lehrerbewertungen entsprechend (spickmich-Urteil vom 23.06.2009).
Die Meinungsfreiheit findet jedoch ihre Grenzen in Beleidigungen und Schmähkritik, also Meinungsäußerungen, die sich nicht mehr mit der Sache auseinandersetzen, sondern nur auf eine verächtliche Herabsetzung der Person gerichtet sind.
Soweit nun der hässliche Kommentar in der Welt ist und es vermieden werden soll, dass potentielle Patienten ihn lesen, kann sich der betroffene Arzt dagegen wehren. Kann der Verfasser identifiziert werden, so kann gegen ihn im Falle von Beleidigungen und unwahrer Tatsachenbehauptungen strafrechtlich vorgegangen werden. In den meisten Fällen hüllt sich der Schreiber aber wohl in den Schutz der Anonymität des Internets.
Sofern es sich aber tatsächlich um eine unwahre Tatsachenbehauptung oder eine Beleidigung handelt, so besteht ein Anspruch des Arztes gegen den Portalbetreiber auf Löschung des Eintrags. So einfach, wie es klingt, ist es allerdings nicht. Zum einen kann es Schwierigkeiten bereiten, einen Kommentar als Meinungsäußerung oder als Tatsachenbehauptung zu klassifizieren, da oftmals beide Elemente enthalten sind. Im Einzelfall ist dann darauf abzustellen, welches Gesamtbild entstanden ist. Zum anderen muss der Arzt, notfalls durch Sachverständigengutachten, beweisen, dass die aufgestellte Tatsachenbehauptung unwahr ist.
So jedenfalls die bisherige Rechtsprechung in den wenigen gerichtlichen Verfahren, die es bisher gegeben hat. Im Falle einer anonymen Bewertung und inhaltlich nicht hinreichenden Konkretisierung kann dies den Arzt in erhebliche Beweisnot bringen mit der Folge, dass er letztlich nichts gegen den Beitrag unternehmen kann und dieser möglicherweise schon erheblichen Schaden angerichtet hat.
Um solche Situationen möglichst schon im Vorfeld zu verhindern, hat das Ärztliche Zentrum für Qualität in der Medizin (ÄZQ) reagiert und 40 Qualitätskriterien für ärztliche Bewertungsportale erarbeitet.
Eine Untersuchung auf Veranlassung von Bundesärztekammer und Kassenärztlicher Bundesvereinigung im vergangenen Jahr ergab jedoch, dass kein einziges Portal den Arzt vor der Veröffentlichung einer Bewertung informierte, nur zwei die Möglichkeit zur Gegendarstellung einräumten, die Aktualität der Bewertung nicht abschätzbar und die Ermittlung der Bewertungsnote nicht nachvollziehbar war.
Erfreulicherweise haben die Portalbetreiber reagiert und insbesondere datenschutzrechtlich nachgerüstet. Die Möglichkeit zum Widerspruch oder zur Gegendarstellung wird zum Teil bereits angeboten oder soll demnächst erfolgen. Dies lässt für die Zukunft hoffen, dass die Portale für Ärzte und Patienten verlässlicher und fairer werden. Letztlich gilt, dass Ärzte nicht jede Äußerung hinnehmen müssen; mit anwaltlicher Hilfe kann falschen Behauptungen wirksam entgegengetreten werden.
Quelle: RAin Anna Stenger, LL.M. Medizinrecht
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