Behandlung trotz Sprachbarriere: Umgang mit fremdsprachigen Patienten

Im Praxisalltag werden Ärzte immer häufiger mit der Situation konfrontiert, dass die Behandlung ausländischer Patienten durch mangelnde Sprachkenntnisse erschwert wird. Viele dieser Patienten werden von Angehörigen begleitet oder es kann eine fremdsprachlich versierte MFA zu Rate gezogen werden, um eine Verständigung mit dem Patienten zu ermöglichen.

Gerade für eine ordnungsgemäße Aufklärung ist die Behandlung ausländischer Patienten ohne eigenes Sprachverständnis allerdings nicht unproblematisch. Erscheint ein solcher Patient daher ohne Übersetzer und ist auch keine sprachkundige Person in Reichweite, stellt sich die Frage, ob der Arzt rechtlich verpflichtet ist, von sich aus einen Dolmetscher einzuschalten oder ob er die Behandlung verweigern darf bzw. muss. Der Beitrag gibt einen Überblick über die rechtlichen Hintergründe und Handlungsempfehlungen für die Praxis.

Grundsatz: Verständliche Aufklärung

Der Arzt ist nach § 630e Abs. 2 Satz 3 des Bürgerlichen Gesetzbuches (BGB) verpflichtet, den Patienten über die wesentlichen Umstände, Risiken und Folgen der Behandlung aufzuklären. Ist eine Kommunikation zwischen Arzt und Patient nicht möglich, kann auch keine ordnungsgemäße Aufklärung erfolgen mit der Konsequenz, dass eine vom Patienten dennoch erteilte Einwilligung in den Eingriff rechtlich unwirksam wäre. Bringt der Patient selbst eine Person als Übersetzer mit, muss der Arzt sich daher vergewissern, dass dieser die deutsche Sprache ausreichend beherrscht. Ebenso kann eine Praxisangestellte mit geeigneten Sprachkenntnissen die Übersetzung übernehmen. Sind dem Arzt Anzeichen dafür erkennbar, dass der Patient dennoch die Aufklärung nicht versteht bzw. dass Angehörige bewusst Informationen – etwa um den Patienten zu schonen – vorenthalten, sollte er eine (aufschiebbare) Behandlung verweigern. Hier gilt, dass die Anforderungen an die Übersetzung umso höher sind, je schwerwiegender und risikoreicher der geplante Eingriff ist.

Gewinnt der Arzt den Eindruck, dass der Patient die Aufklärung trotz Übersetzung durch Angehörige oder Praxispersonal dennoch nicht versteht oder verunsichert ist, bleiben ihm nur zwei Möglichkeiten: Entweder verweigert er die (aufschiebbare) Behandlung oder er sorgt selbst für einen geeigneten Dolmetscher. Die Verpflichtung des Arztes, einen Dolmetscher hinzuzuziehen, folgt dem Grundsatz, dass der Arzt eine verständliche Aufklärung im persönlichen Gespräch mit dem Patienten schuldet. Nicht ausreichend ist es, dem Patienten lediglich einen fremdsprachlichen Aufklärungsbogen zu übergeben.

Patient ist zur Mitwirkung verpflichtet

Beim Behandlungsvertrag trifft nicht nur den Arzt die Verpflichtung zur ordnungsgemäßen Aufklärung und standardgemäßen Behandlung. Auch den Patienten treffen nach § 630c Abs. 1 BGB Mitwirkungspflichten: Dies bezieht sich etwa auf die Pflicht, im Rahmen der Anamnese wahrheitsgemäße Angaben zu machen, pünktlich zum Behandlungstermin zu erscheinen sowie sich an die allgemeinen Anweisungen des Arztes zu halten (Compliance). Darunter ist aber auch die Pflicht zu verstehen, dem Arzt überhaupt erst die Aufklärung und Behandlung zu ermöglichen.

Ein Patient, der einen Arzt in dem Wissen aufsucht, dass er sich mit ihm nicht wird verständigen können, wird nicht ernstlich erwarten können, dass dieser ihn behandelt bzw. einen Dolmetscher bereit hält. Es steht den Patienten daher frei, sich – außer im Notfall – an einen geeigneten anderen Arzt zu wenden, der über die erforderlichen Fremdsprachenkenntnisse verfügt. Muss tatsächlich einmal ein Dolmetscher bestellt werden, trägt diese Kosten nach dem Willen des Gesetzgebers der Patient. Eine entsprechende Vereinbarung mit dem Patienten empfiehlt sich allerdings zur Vermeidung späterer Reklamationen.

Praxishinweis

Für den Praxisalltag bedeutet dies, dass sich der Arzt bei fremdsprachigen Patienten immer vergewissern muss, ob diese bzw. die Begleitperson die Aufklärung verstehen. Erforderlichenfalls kann auch auf Praxispersonal zurückgegriffen werden, medizinische Kenntnisse sind dafür keine Voraussetzung. Sofern eine Verständigung im Einzelfall nicht möglich ist, sollte der Arzt die Behandlung im Zweifel nicht durchführen.

Quelle: RAin Rosemarie Sailer, LL.M. Medizinrecht
WIENKE & BECKER – KÖLN, Rechtsanwälte,
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