BSG zur kollektiven Rückgabe der Kassenzulassung

Das Bundessozialgericht (BSG) hat bekanntlich im Juni 2007 entschieden, dass gesetzlich versicherte Patienten solche Ärzte, die kollektiv auf ihre Zulassung verzichtet haben, nicht mehr auf Kosten der Krankenkassen aufsuchen dürfen. Dem entsprechend dürfen diese Ärzte auch keine Patienten im System der gesetzlichen Krankenversicherung mehr versorgen. Etwas anderes gilt nur dann, wenn die Kassen einräumen, die Versorgung nicht mehr sicherstellen zu können und notwendige, unaufschiebbare Leistungen nicht auf andere Weise als durch die „Verzichtler“ verschafft werden können. Das Urteil, das sich mit dem kollektiven Zulassungsverzicht der Kieferorthopäden in Niedersachsen befasst, ist vom BSG zwischenzeitlich schriftlich detailliert begründet worden:

Unmissverständlich führt das BSG aus, dass es rechtsmissbräuchlich sei, wenn Vertragsärzte zunächst über viele Jahre Kassenpatienten an ihre Praxis binden und dann in einem koordinierten Verfahren ihre Zulassungen gerade mit dem Ziel zurückgeben, genau diese Patienten künftig zu wirtschaftlich besseren Bedingungen zum einfachen Satz der GOÄ zu behandeln. Der Gesetzgeber habe deshalb im SGB V angeordnet, dass die freie Arztwahl der Patienten sich nicht auf solche Ärzte erstreckt, die ihre Zulassung in einem abgestimmten Verfahren zurückgegeben haben. Auch sei es mit den Pflichten des Vertragsarztes nicht vereinbar, wenn der Arzt in einem mit Kollegen abgestimmten Verfahren auf die Zulassung verzichtet, da gerade hierdurch die Sicherstellung der Patientenversorgung bewusst ausgehöhlt werden solle.

Um einem solchen Verhalten der Vertragsärzte noch nachdrücklicher entgegenzuwirken, hat der Gesetzgeber zudem im SGB V festgelegt, dass auch bei massiver Beeinträchtigung des Sicherstellungsauftrages durch einen kollektiven Zulassungsverzicht die Krankenkassen mit den „Verzichtlern“ keinesfalls Einzel- oder Gruppenverträge über eine weitere Behandlung der GKV-Versicherten schließen dürfen; nötigenfalls sollen Verträge mit Ärzten im Ausland geschlossen werden (§ 72 a SGB V).

(BSG, Urt. v. 27.06.2007, B 6 KA 38/06 R)

Fazit: Die Entscheidung des BSG hat klare Linien gezogen und den Ärzten, die über einen kollektiven Zulassungsverzicht nachdenken, deutlich die Konsequenzen aufgezeigt: Wer aus dem GKV-System in einem abgestimmten Verfahren ausscheidet, darf keine Kassenpatienten mehr behandeln und den Kassen keine Honorare mehr in Rechnung stellen.

Gänzlich offen lässt das BSG jedoch, wie mit dem Verbot der Verträge zwischen Kassen und „Verzichtlern“ umgegangen werden soll, wenn tatsächlich alle Vertragsärzte einer Fachgruppe auf ihre Zulassung verzichten. Dass in einem solchen Fall nicht ernsthaft an der dauerhaften Ausgrenzung der „Verzichtler“ aus jeglichen Beziehungen zu den Kassen festgehalten werden kann, liegt auf der Hand.

Quelle: RA Olaf Walter, Fachanwalt für Medizinrecht
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