Bundessozialgericht zur Angemessenheit der vertragsärztlichen Vergütung

Das Bundessozialgericht (BSG) hat sich in einer kürzlich veröffentlichten Entscheidung vom 08.12.2010 (B 6 KA 42/09 R) erneut mit der Frage der Honorarverteilungsgerechtigkeit befasst.

Mit dieser Entscheidung bestätigt das BSG seine bisherige Rechtsprechung, wonach sich aus dem Grundsatz der angemessenen Vergütung ärztlicher Leistungen kein subjektiver Anspruch auf ein höheres Honorar ergibt. Für Aufsehen sorgte die Entscheidung jedoch insoweit, als das BSG bei der Beurteilung der Frage, ob ein Verstoß gegen den Grundsatz der Honorarverteilungsgerechtigkeit vorliege, in einer „Mischkalkulation“ auch Einnahmen aus privatärztlicher Tätigkeit berücksichtigt hat.

In dem vorliegenden Fall hatte eine Fachärztin für Haut- und Geschlechtskrankheiten ein höheres Honorar für das Quartal II/2005 begehrt. Dabei rügte sie insbesondere eine Verletzung des Grundsatzes der Honorarverteilungsgerechtigkeit sowie der Angemessenheit der Vergütung vertragsärztlicher Tätigkeit.

Das BSG stellte in seinen Entscheidungsgründen in Fortführung seiner bisherigen Rechtsprechung eindeutig klar, dass die Klägerin kein höheres Honorar unter dem Gesichtspunkt der Angemessenheit der Vergütung ihrer vertragsärztlichen Leistungen beanspruchen kann. Ein subjektives Recht auf höheres Honorar komme erst dann in Betracht, wenn in einem fachlichen und/oder örtlichen Teilbereich kein ausreichender finanzieller Anreiz mehr bestehe, vertragsärztlich tätig zu werden, und deshalb in diesem Bereich die Funktionsfähigkeit der vertragsärztlichen Versorgung gefährdet sei.

Ebenso wenig bestehe ein Anspruch auf höheres Honorar nach dem Grundsatz der Honorarverteilungsgerechtigkeit, da der Grundsatz der Honorarverteilungsgerechtigkeit kein gleichmäßiges Einkommen aller vertragsärztlich tätigen Ärzte garantiere. Das Gleichbehandlungsgebot des Artikel 3 Abs. 1 GG gebietet nicht, dass die Überschüsse aus vertragsärztlicher Tätigkeit bei allen Arztgruppen identisch sein müssten.

Letztlich seien bei der Beurteilung, ob eine gegen den Grundsatz der Honorarverteilungsgerechtigkeit verstoßende flächendeckend unzureichende Vergütung vertragsärztlicher Leistungen einer bestimmten Arztgruppe vorliege, neben den Einnahmen aus vertragsärztlicher Tätigkeit auch die Einnahmen aus privatärztlicher sowie sonstiger Tätigkeit zu berücksichtigen.

Bei den Praxen von Hautärzten sei ein Anteil der privatärztlichen Vergütung von 45,3 % an den Gesamteinnahmen aus selbstständiger ärztlicher Tätigkeit zu verzeichnen, was der mit Abstand größte für eine Arztgruppe ausgewiesene Prozentsatz an Privateinnahmen sei. Das BSG entschied daher, dass sich insgesamt keine unzureichende Vergütung der Fachgruppe feststellen lasse.

Diese Entscheidung des BSG zeigt erneut, dass es vor dem Hintergrund der Grundsätze der Angemessenheit der Vergütung und der Honorarverteilungsgerechtigkeit nur in besonders gelagerten Fällen möglich ist, die Regelungen der Honorarverteilung anzugreifen.

Erfolgschancen bestehen im Hinblick auf die Angemessenheit der vertragsärztlichen Vergütung insbesondere dann, wenn die Funktionsfähigkeit der Versorgung in einer ganzen Fachgruppe eines Planungsbezirkes gefährdet ist. Letztlich würde selbst ein rechtliches Obsiegen nicht garantieren, dass eine Neuberechnung auch tatsächlich zu einem höheren Honorar führt.

Quelle: RAin Anna Stenger, LL.M. Medizinrecht
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