Pläne des Gesundheitsministeriums für 2012
Zum 01.01.2012 soll eine grundlegende gesetzliche Reform der Versorgungsstrukturen im deutschen Gesundheitswesen in Kraft treten. Das sogenannte „Versorgungsgesetz“ wird derzeit im Bundesministerium vorbereitet. Nachfolgend eine Zusammenfassung einiger Inhalte aus dem aktuell vorliegenden Konzeptpapier mit besonderer Relevanz für niedergelassene Ärzte:
Flexibilisierung der Planungsbereiche
„Die derzeitige gesetzliche Vorgabe, dass die Planungsbereiche den Stadt- und Landkreisen entsprechen sollen, wird flexibilisiert. Es wird vorgegeben, dass die Planungsbereiche so zu gestalten sind, dass sie einer flächendeckenden Versorgung dienen.“
Anpassung der Regelung zur Verlegung eines Vertragsarztsitzes
„Es wird klargestellt, dass die Verlegung eines Vertragsarztsitzes nur dann genehmigt werden kann, wenn Gründe der vertragsärztlichen Versorgung nicht entgegenstehen. Gleichzeitig wird die bislang für MVZ geltende Ausnahmeregelung (§ 103 Abs. 4a SGB V) entsprechend angepasst: Auch für MVZ gilt dann, dass die Sitzverlegung eines übernommenen Vertragsarztsitzes in das MVZ nur dann möglich ist, wenn Versorgungsgesichtspunkte nicht entgegenstehen.“
Hiermit soll das weitere Ausdünnen der ärztlichen Versorgung in unattraktiven Regionen eines Planungsbezirkes verhindert werden.
Möglichkeit zum Betrieb von Eigeneinrichtungen durch Dritte
„Sofern sich in unterversorgten Gebieten kein niederlassungswilliger Arzt findet und auch die KV die Versorgung durch z.B. die Errichtung einer Eigeneinrichtung nicht sicherstellt, erhalten kommunale Träger (Städte, Gemeinden, Landkreise) die Möglichkeit zur Errichtung einer Eigeneinrichtung.“
Ausbau „mobiler“ Versorgungskonzepte
„Bereits nach geltendem Recht besteht eine Vielzahl von Möglichkeiten, sogenannte „mobile“ Versorgungskonzepte zu praktizieren (z.B. Tätigkeit an weiteren Orten/Zweigpraxen). Der Ausbau solcher Versorgungskonzepte wird unterstützt. Berufsrechtliche Einschränkungen (z.B. bei der Gründung von Zweigpraxen) sollten aufgehoben werden.“
Förderung des Verzichts auf Zulassungen in überversorgten Gebieten
„Um Überversorgung abzubauen, wird die nach § 105 Abs. 3 SGb V bestehende Möglichkeit der KVen, in überversorgten Gebieten den freiwilligen Verzicht auf die Zulassung als Vertragsarzt finanziell zu fördern, erweitert. Hierzu wird die bisherige Beschränkung der Förderung auf Ärzte, die mindestens 62 Jahre alt sind, aufgehoben. Diese Maßnahmen seien wie bisher allein aus Mitteln der KVen zu finanzieren.“
Die Politik strebt damit an, „die bisherige Praxis, bei der das Recht zur Abrechnung mit den Krankenkassen quasi vererbt werden und verkauft werden kann“ zu beenden. Es fällt auf, dass eine solche Formulierung nicht zusammenpasst mit dem oben zitierten Inhalt des derzeit vorliegenden Entwurfes, der von einem freiwilligen Verzicht des Vertragsarztes auf Übergabe seine Zulassung an einen Nachfolger ausgeht.
In jedem Fall wird interessant sein, wie und von wem der angemessene Wert der Praxis bzw. die Höhe einer Abfindung bei Verzicht auf Übergabe der Praxis an einen Nachfolgen festgelegt werden wird.
Förderung von Niederlassungen in unterversorgten Gebieten
Das Niederlassungsverhalten der Ärzte soll über Vergütungsanreize in unterversorgten Gebieten gesteuert werden. Diskutiert werden ein Wegfall der Budgetierung (Wegfall der RLV oder der Fallwertabstaffelungen) sowie Preiszuschläge für Leistungen von „besonders förderungswürdigen Leistungserbringern“ in strukturschwachen Gebieten.
Zudem wird darüber nachgedacht, einen sogenannten Strukturfonds einzurichten, der Ärzten finanzielle Anreize zur Niederlassung in von Unterversorgung bedrohten Gebieten geben soll.
Offen ist, ob die beschriebenen finanziellen Anreize für Ärzte in unterversorgten Regionen aus der Gesamtvergütung entnommen oder zusätzlich von den Kassen eingesetzt werden.
Medizinische Versorgungszentren nur noch in ärztlicher Hand
Medizinische Versorgungszentren sollen ab 01.01.2012 grundsätzlich nur noch von Ärzten und Kliniken gegründet werden. Ausnahmen sind vorgesehen für gemeinnützige Trägerorganisationen (z.B. im Bereich der Dialyse). Für Kliniken gibt es zudem in dem derzeit vorliegenden Gesetzesentwurf die Einschränkung, dass eine MVZ-Gründung nur möglich ist, wenn dies in Kooperation mit einem Arzt erfolgt, welcher die Mehrheit der Gesellschaftsanteile an dem MVZ halten muss. Gemäß Staatssekretär Stefan Kapferer ist jedoch diese wichtige Frage, wer Mehrheitsgesellschafter eines MVZ sein kann, noch nicht abschließend geklärt.
Zielsetzung dieser neuen Regelungen (die in ähnlicher Form bereits im Koalitionsvertrag von 2009 erwähnt werden) ist, dass die Leitung eines Medizinischen Versorgungszentrums rechtlich wie praktisch in ärztlicher Hand liegen soll.
Bestandsschutz soll gewährt werden für diejenigen MVZ, die bis zum 31.12.2011 gegründet sind. Für diese MVZ gelten also die oben dargestellten Einschränkungen nicht. Möglicherweise dürfen solche älteren MVZ aber ab dem 01.01.2012 nicht mehr weiter ausgebaut werden. Ein Zukauf weiterer Vertragsarztsitze wäre also einem ausschließlich von einem Krankenhaus gehaltenen MVZ ab dem 01.01.2012 nicht mehr möglich.