Poolärzte im Notdienst üben selbstständige Tätigkeit aus

Die vertretungsweise Übernahme von KV-Bereitschafts- und Notdiensten anstelle eines anderen niedergelassenen Arztes führt nicht zu einem abhängigen Beschäftigungsverhältnis im Sinne von § 7 Abs. 1 S. 1 SGB IV (SG Landshut, Urteil v. 03.03.2023 – S 1 BA 25/22).

Der Fall
Ein Arzt, der als sog. Poolarzt im Bereitschaftsdienst der KV tätig war, bot Vertragsarztpraxen die vertretungsweise Übernahme von Bereitschaftsdiensten an. Diese übte er ausschließlich in von der KV bereitgestellten Räumlichkeiten oder im Rahmen von Hausbesuchen aus. Der Arzt traf stets eine eigene Entscheidung, welche und wieviele Dienste er im Auftrag der anderen Ärzte wahrnahm. Die Abrechnung erfolgte über den Vertretenen, der Vertreter erhielt ein pauschales und garantiertes Vertretungshonorar. Rechnete der Vertretene gegenüber der KV ein höheres Honorar ab, ging der Überschuss vollständig an den Vertreter.

Die Deutsche Rentenversicherung sah darin ein abhängiges Beschäftigungsverhältnis.

Die Entscheidung
Das SG nahm hingegen eine selbstständige Tätigkeit des Arztes an und begründete dies insbesondere mit der fehlenden Weisungsgebundenheit des Vertreters sowie der fehlenden Eingliederung in die Vertragsarztpraxis des Vertretenen.

Der Fall unterscheide sich insoweit deutlich von dem Fall der Vertretung innerhalb einer Arztpraxis im Sinne des § 32 Ärzte-ZV. Dort stehe der Vertreter nach der Rechtsprechung des BSG in der Regel in einem abhängigen Beschäftigungsverhältnis zum Praxisinhaber und sei aufgrund des arbeitsteiligen Zusammenwirkens mit dem Praxispersonal und der kostenfreien Nutzung von Einrichtungen und Mitteln der Praxis in deren Arbeitsabläufe eingegliedert.

Ebenso lehnte das SG ein abhängiges Beschäftigungsverhältnis zu der KV ab. Da die Durchführung von Notdiensten Ausfluss der allgemeinen Berufspflichten von Ärzten und gerade auch und in erster Linie von selbständig tätigen Ärzten sei, führe die Organisation des Notdienstes durch die KV nicht zur Einrichtung eines „Betriebs“ im arbeitsrechtlichen Sinne.

Es mache auch keinen wesentlichen Unterschied, ob ein Arzt aufgrund gesetzlicher Vorschriften oder freiwillig am Notdienst teilnimmt, da der Notdienst und seine Ausgestaltung in allen Fällen gleich sind. Die Notdiensttätigkeit werde nicht in einem fremden Betrieb und auf Weisung, sondern als selbständige ärztliche Tätigkeit und in eigener Verantwortung ausgeübt.

Ergänzender Hinweis
Poolärztinnen und -ärzte nehmen über eine Kooperationsvereinbarung mit der KV an der vertragsärztlichen Versorgung teil. Die Annahme einer abhängigen Beschäftigung (wie im zuvor beschriebenem Fall von der DRV gefordert) gefährdet dieses Modell. Im Mai dieses Jahres hat die KBV daher den Gesetzgeber aufgefordert, eine gesetzliche Grundlage zu schaffen, wonach Poolärztinnen und -ärzte von der Sozialversicherungspflicht befreit sind (sofern sie als abhängig beschäftigt eingestuft werden). Eine solche Regelung existiert bereits für Notärztinnen und Notärzte. Auch der Bundesrat hat dafür votiert, dass Ärztinnen und Ärzte im Bereitschaftsdienst nicht der Sozialversicherungspflicht unterliegen sollen. Aktuell ist ein Verfahren beim BSG anhängig (Az. B 12 R 9/21 R).

Quelle: RAin Anika Mattern, Kanzlei am Ärztehaus, Münster/Dortmund/Hagen/Köln, www.kanzlei-am-aerztehaus.de


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