Was Politiker behaupten – und was tatsächlich stimmt

Die medizinische Versorgung in Deutschland wird in den letzten Jahren zunehmend kritisch diskutiert. Die Ärzteschaft wird dabei von vielen Seiten angegriffen: Insbesondere von Politik und Kassen. Dazu werden in gut vorbereiteten medialen Kampagnen Zahlen und Untersuchungen kolportiert, die ein Bild der übermäßig teuren Medizin mit schlechtem Ergebnis zeichnen. Die Ärzteschaft wird nicht selten als geldgierig und korrupt dargestellt. Zum Beweis werden Zahlen aufgeführt, die (einmal ausgesprochen) als Wahrheit geltend gemacht werden. Eine Überprüfung dieser Aussagen anhand der im Jahr 2011 erschienenen OECD-Studie „Gesundheit auf einen Blick 2009, OECD-Indikatoren“ fördert teilweise Überraschendes zutage:

Behauptung: „Deutschland hat weltweit eines der teuersten Gesundheitssysteme“
In der Tat steht Deutschland mit einem Ausgabenanteil in Höhe von 10,4 % vom Bruttoinlandsprodukt (BIP) weltweit an vierter Stelle der Gesundheitsausgaben (GKV + PKV). Dieser Wert hängt jedoch nicht nur von den Gesundheitsausgaben, sondern selbstverständlich auch von dem erwirtschafteten BIP ab. Betrachtet man lediglich die Gesundheitsausgaben pro Kopf, so liegt Deutschland mit $ 3.588 pro Kopf und Jahr auf einem ähnlichen Niveau wie andere europäische Staaten und keineswegs mehr an der Spitze. Der Anteil des ambulanten Sektors an diesen Ausgaben ist mit 29 % sogar international unterdurchschnittlich.

Behauptung: „Die Gesundheitskosten in Deutschland explodieren“
Im Zeitraum von 1997 bis 2007 gibt es kein anderes Gesundheitssystem in der 30 Industrie-Staaten umfassenden OECD, das eine niedrigere Kostensteigerungsrate aufweist, als Deutschland!

Behauptung: „Nirgendwo sind die Arzneimittelkosten so hoch wie in Deutschland“
Der OECD-Vergleich der Arzneimittelausgaben in 2007 zeigt für Deutschland mit einem Betrag von 542 $ pro Kopf auch hier einen Wert, der im Durchschnitt der europäischen Staaten liegt. In Griechenland, Frankreich, Belgien und Spanien liegen die Pro-Kopf-Arzneimittelausgaben zum Teil deutlich höher als in Deutschland.

Behauptung: „Nirgendwo gibt es mehr Großgeräte in der Medizintechnik als in Deutschland“
Der Blick in die OECD-Daten zeigt genau das Gegenteil. Die Daten sind für MRT und CT differenziert ausgewiesen und zeigen bezogen auf 1 Mio. Einwohner für Deutschland in beiden Fällen eine geringere Großgeräte-Dichte als im OECD-Durchschnitt.

Behauptung: „Das deutsche Gesundheitssystem bietet nur durchschnittliche Leistungen“
In der OECD-Studie werden für verschiedene besonders häufige Erkrankungen Studien-Ergebnisse verglichen. Für Urologen ist bspw. der Vergleich der Prostatakrebsmortalität besonders interessant. Es zeigt sich, dass sowohl die Krebssterblichkeit insgesamt, als auch die Prostatakrebsmortalität in Deutschland niedriger liegt als im OECD-Durchschnitt. Solche Schlussfolgerungen zum Leistungsvergleich müssen natürlich sehr vorsichtig gezogen werden, da gerade die Krebsmortalität von vielen Faktoren und nicht nur von der Qualität der jeweiligen Leistungserbringer abhängt.

Fazit: Die OECD-Daten zeigen insgesamt, dass die wichtigsten Kennzahlen des deutschen Gesundheitssystems keineswegs so negativ sind, wie die öffentliche Diskussion teilweise glauben machen will. Der Diskurs wird offensichtlich häufig eher von politischen Interessen und von Lobbyinteressen getrieben, als von tatsächlich belegbaren Fakten.

Quelle: Uro-GmbH Nachrichten 04/2011


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