Ärztliche Werbung mit bildlicher Darstellung des Arztes in Berufskleidung

Der Bundesgerichtshof (BGH) hat in einem jetzt veröffentlichten Urteil die Möglichkeiten der Arztwerbung erweitert und damit die Vorgaben des Bundesverfassungsgerichts (BVerfG) umgesetzt, die dieses im Jahre 2004 als Voraussetzung für die Zulässigkeit eines Werbeverbotes unter Berücksichtigung der Berufsausübungsfreiheit aufgestellt hatte.

Nach § 11 Abs. 1 Satz 1 Nr. 4 des Heilmittelwerbegesetzes (HWG) ist eine Werbung mit der bildlichen Darstellung von Ärzten in Berufskleidung oder bei der Berufsausübung außerhalb von Fachkreisen verboten, sofern sich die dabei getätigten Werbeäußerungen auf die Erkennung, Beseitigung oder Linderung von Krankheiten beziehen. Nach der neuen Rechtsprechung des BGH setzt dieser Tatbestand nunmehr auch voraus, dass die Werbung geeignet ist, das Laienpublikum unsachlich zu beeinflussen und dadurch zumindest eine mittelbare Gesundheitsgefährdung zu bewirken. Ausdrücklich weist der BGH darauf hin, dass im Hinblick auf die nach Artikel 12 Abs. 1 Grundgesetz gewährleistete Berufsausübungsfreiheit nicht länger an der bisherigen Auslegung der genannten Regelung des HWG als abstrakter Gefährdungstatbestand festgehalten werden könne.

Anlass des vom BGH war die Werbebroschüre einer Klinik, in der Ärzte in der typischen weißen Berufskleidung und zum Teil bei beruflichen Tätigkeiten abgebildet waren. Ein Wettbewerbsverein begehrte die Unterlassung dieser Werbemaßnahmen. Der BGH führte jedoch aus, das Verbot des § 11 Abs. 1 Satz 1 Nr. 4 HWG solle verhindern, dass durch einschlägige Abbildungen der Eindruck erzeugt werde, das Heilmittel oder Behandlungsverfahren werde fachlich empfohlen oder angewendet, und dass die Autorität der Heilberufe dazu ausgenutzt werde, direkt oder indirekt die Vorstellung besonderer Wirksamkeit bestimmter Präparate oder Behandlungen zu wecken. Nach der bisherigen Rechtsprechung des BGH war diese Vorschrift als ein abstrakter Gefährdungstatbestand ausgestaltet, so dass die abstrakte Gesundheitsgefährdung des Laienpublikums zur Rechtfertigung des Eingriffs in die Berufsausübungsfreiheit der Ärzte durch ein umfassendes Werbeverbot als ausreichend erachtet wurde.

Das Bundesverfassungsgericht hatte in seinem Nichtannahmebeschluss vom 30.04.2004, 1 BvR 2334/03, im Zusammenhang mit einer Werbung für Botox-Facelifting auf der Internetseite eines Arztes darauf hingewiesen, dass zur Rechtfertigung eines in diesen grundgesetzlich geschützten Bereich eingreifenden Werbeverbots das Gemeinschaftsgut der Gesundheit der Bevölkerung zwar grundsätzlich herangezogen werden könne. Allerdings könne dieser Schutzzweck nicht jedes Verbot ärztlicher Werbung aufgrund einer abstrakten Gefahr rechtfertigen; zumindest eine mittelbare Gesundheitsgefährdung sei zu fordern. Für den Fall der Botox-Werbung lehnte das BVerfG eine solche mittelbare Gefährdung ab, da die Gefahr einer Selbstmedikation bei einem Präparat, das im Gesicht injiziert wird, eher als gering einzustufen war.

In Abkehr von seiner bisherigen Rechtsprechung und im Anschluss an diese neue Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts hält der Bundesgerichtshof nunmehr auch eine einschränkende Auslegung der Vorschrift des § 11 Satz 1 Nr. 4 HWG für geboten. Die beanstandete Werbemaßnahme muss demnach geeignet sein, das Laienpublikum unsachlich zu beeinflussen und dadurch zumindest eine mittelbare Gesundheitsgefährdung zu bewirken, damit der Tatbestand überhaupt eingreift.(BGH, Urt. v. 01.03.2007, I ZR 51/04)

Fazit: Die Werbeverbote des Heilmittelwerbegesetzes sind nur bei einschränkender Auslegung verfassungskonform. Während eine unsachliche Beeinflussung des Publikums im Einzelfall möglicherweise noch nahe liegend sein kann, so dürfte der Beweis einer mittelbaren Gesundheitsgefährdung nur schwer zu führen sein und auch eher nur im Ausnahmefall tatsächlich vorliegen. Dies bedeutet, dass die bildliche Darstellung von Ärzten in Berufskleidung oder bei Ausübung ihrer beruflichen Tätigkeit nunmehr nicht ausnahmslos verboten, sondern in erweitertem Umfang zulässig ist. Die Grenzziehung im Einzelfall dürfte allerdings beachtliche praktische Schwierigkeiten mit sich bringen, so dass abzuwarten bleibt, wie sich insbesondere zunächst die untergerichtliche Rechtsprechung an den neuen Vorgaben ausrichtet.

Quelle: RA Olaf Walter, Fachanwalt für Medizinrecht
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