BGH: Belegärzte haften bei gemeinsamem Außenauftritt als Gesamtschuldner

In einem aktuellen Urteil hat der Bundesgerichtshof (BGH) darauf hingewiesen, dass Belegärzte, die sich für ihre stationäre Behandlungstätigkeit im kooperativen Belegarztwesen zusammengeschlossen haben, unter bestimmten Voraussetzungen gemeinsam für einen Behandlungsfehler eines ihrer belegärztlichen Kollegen haften. In dem zu entscheidenden Fall hatte eine Patientin einen in Einzelpraxis niedergelassenen Gynäkologen während ihrer Schwangerschaft regelmäßig aufgesucht. Dieser Gynäkologe gehörte einer Gruppe von vier Gynäkologen an, die als Belegärztegemeinschaft in einer Klinik tätig waren. Die Geburt wurde bei der Patientin indes nicht von „ihrem“ niedergelassenen Gynäkologen, sondern von einem seiner belegärztlichen Kollegen in der Klinik geleitet, dem dabei ein gravierender Behandlungsfehler mit schweren Folgen für das Kind unterlief. – Der BGH entschied, dass alle vier Gynäkologen als Gesamtschuldner für den Behandlungsfehler haften. Denn die Ärzte hatten ihre belegärztliche Kooperation mit einem gemeinsamen Außenauftritt wie bei einer Gemeinschaftspraxis angekündigt (gemeinsamer Briefbogen, Rechnungen, Rezepte, Überweisungsscheine, gemeinschaftliche Leistungsabrechnung), so dass es der Interessenlage und dem Eindruck der behandelten Patienten entspreche, wenn der jeweils behandelnde Belegarzt das Behandlungsverhältnis im stationären Bereich zugleich auch für seine belegärztlichen Kollegen begründe. Im Ergebnis hafteten alle vier Ärzte der Belegärztegemeinschaft für den Fehler ihres Kollegen als Gesamtschuldner. (BGH, Urt. v. 08.11.2005 – VI ZR 319/04)

Fazit: Der BGH hat seine bekannte Rechtsprechung zur gesamtschuldnerischen Arzthaftung bei einer ambulanten Gemeinschaftspraxis übertragen auf den Bereich der stationären Behandlung, sofern die Belegärztegemeinschaft nicht nur eine Innengesellschaft darstellt, sondern einen gemeinsamen Außenauftritt ihren Patienten gegenüber pflegt. Zwar soll eine Kooperationsgemeinschaft mehrerer Ärzte nach außen stets gesteigerte Kompetenz signalisieren, da theoretisch mehrere Ärzte mit der Versorgung des Patienten befasst sein könnten. Angesichts dieser Entscheidung des BGH, nach der bei einem gemeinsamen Außenauftritt jeder Belegarzt auch für den Fehler seines Kollegen haftet, sollte jeder Arzt abwägen, ob er das infolge der gemeinsamen Repräsentation gesteigerte Haftungsrisiko tatsächlich in Kauf nehmen und für die Fehler seiner Kollegen einstehen will.

Quelle: RA Olaf Walter, WIENKE & BECKER – KÖLN,
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