Heimärztliche Versorgung: Gestaltungsmöglichkeiten durch § 119b SGB V

Der § 119b SGB V ist zum 01.07.2008 neu gefasst worden (ambulante Behandlung in stationären Pflegeeinrichtungen). Danach können stationäre Pflegeeinrichtungen einzeln oder gemeinsam bei entsprechendem Bedarf, der anhand von konkreten Beispielen belegt werden muss, Kooperationsverträge mit dafür geeigneten vertragsärztlichen Leistungserbringern schließen. Auf Antrag der Pflegeeinrichtung hat die zuständige kassenärztliche Vereinigung zur Sicherstellung einer ausreichenden ärztlichen Versorgung von pflegebedürftigen Versicherten in Pflegeeinrichtungen Verträge nach Satz 1 anzustreben. Kommt ein solcher Kooperationsvertrag nach Satz 1 nicht innerhalb einer Frist von sechs Monaten nach Zugang des Antrags der Pflegeeinrichtung bei der KV zustande, ist die Pflegeeinrichtung vom Zulassungsausschuss zur Teilnahme an der vertragsärztlichen Versorgung der pflegebedürftigen Versicherten in der Pflegeeinrichtung mit angestellten Ärzten, die in das Arztregister eingetragen sind und geriatrisch fortgebildet sein sollen, zu ermächtigen.

Soll die Versorgung der pflegebedürftigen Versicherten in den Einrichtungen durch einen in mehreren Pflegeeinrichtungen angestellten Arzt erfolgen, ist der angestellte Arzt selbst zur Teilnahme an der vertragsärztlichen Versorgung der pflegebedürftigen Versicherten zu ermächtigen. Das Recht auf freie Arztwahl der Versicherten in der Pflegeeinrichtung bleibt selbstverständlich unberührt. Der in der Pflegeeinrichtung tätige Arzt ist bei seinen ärztlichen Entscheidungen nicht an Weisungen von Nichtärzten gebunden. Er soll mit den übrigen Leistungserbringern eng zusammenarbeiten.
Daraus ergeben sich für die oftmals suboptimale heimärztliche Versorgung neue Perspektiven. Ziel der Vorschrift ist, die Schnittstellen Hausarzt <-> Facharzt bzw. Hausarzt <-> Pflegepersonal – zu verbessern. Auch erhofft man sich durch die Einbindung eines Heimarztes unnötige Krankenhausaufenthalte zu vermeiden.

Es liegen, aufgrund der Tatsache, dass die Regelung erst seit dem 01.07.2008 in Kraft ist, keinerlei praktische Erfahrungen vor. Es ist davon auszugehen, dass größere Heimträger diese Anträge kurzfristig stellen werden. Nach fruchtlosem Ablauf der Halbjahresfrist wird der Antrag vor den Zulassungsausschuss kommen, der der Ermächtigung wahrscheinlich zustimmen müssen wird.

Ein Vorteil für den Heimarzt ist, praktisch wie ein Niedergelassener zu agieren, aber das wirtschaftliche Risiko nicht tragen zu müssen. Der Nachteil ist sicherlich, dass er über die ausgesprochene Ermächtigung lediglich die Heimbewohner behandeln darf.

Auswirkungen für niedergelassene Ärzte werden dann spürbar sein, wenn der niedergelassene Arzt einen großen Teil seiner Patienten in Heimen versorgt. Diese Ärzte könnten aber im Rahmen der primären Sicherstellung durch die KV möglicherweise entsprechende Kooperationen ausarbeiten und gegebenenfalls eine Budgeterhöhung erreichen.

Durch die eingeführten Flexibilisierungen des Vertragsarztänderungsgesetzes sind hier grundsätzlich interessante Gestaltungsmöglichkeiten für die Berufsträger denkbar. Es bleibt abzuwarten, ob und welche Ärzte diese neue Gestaltungsmöglichkeit annehmen.

Quelle: Rechtsanwältin Dr. Annette Bäumer, Fachanwältin für Medizinrecht, HWH Rechtsanwälte, Köln


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