Praxismietvertrag: Auf die Gestaltung kommt es an

Viele Praxismietverträge haben Formfehler und sind zumindest teilweise nichtig. Was bei Neuabschluss und Änderung von Mietverträgen unbedingt zu beachten ist:
 
Formvorschriften genau beachten
 
Von elementarer Bedeutung ist das so genannte Schriftformgebot gemäß § 550 BGB. Zur Einhaltung der Schriftform ist es erforderlich, dass der Praxismietvertrag die wesentlichen Vertragsbestandteile enthält. Dazu zählen Angaben zu Vertragspartner, Mietgegenstand, Mietpreis, Mietdauer sowie den Nebenkosten.
 
Einzelne Blätter, darunter der Vertragstext und die Anlagen, dürfen nicht allein durch eine Büroklammer zusammengehalten werden. Sie müssen fest miteinander verbunden sein (z.B. durch eine Heftung), so dass eine Trennung zumindest zu einer teilweisen Beschädigung führen würde.
 
Sind wesentliche Vertragsbestandteile in zwei separaten, nicht miteinander verbundenen Urkunden enthalten, so müssen beide Urkunden aufeinander Bezug nehmen. Für einen objektiven Betrachter muss zweifelsfrei erkennbar sein, dass beide Urkunden eine Einheit bilden.
 
Die Vertragsparteien müssen den Praxismietvertrag als einheitliche Urkunde eigenhändig mit Namensunterschrift unterzeichnen. Erfolgt die Unterzeichnung auf Seiten eines Vertragspartners durch einen Vertreter, sollte die Vertretung durch den Zusatz „i.V.“ kenntlich gemacht werden. Der andere Vertragspartner sollte sich zuvor durch Vorlage einer Vollmacht Gewissheit darüber verschaffen, dass der Unterzeichner tatsächlich als Vertreter des Vertragspartners auftreten kann.
 
Darüber hinaus bietet es sich aus Beweisgründen an, die einzelnen Seiten des Vertrages und die Anlagen zum Mietvertrag durch alle Vertragsbeteiligten auf jeder Seite mit dem Namenskürzel, die sog. Paraphe, zu versehen.
 
Folge eines Schriftformverstoßes: Kündbarkeit
 
Wird die erforderliche Schriftform nicht eingehalten gilt der Mietvertrag, wenn er für eine längere Zeit als ein Jahr abgeschlossen wird, als auf unbestimmte Zeit abgeschlossen. Die Regelung gilt auch für den Abschluss und die Änderung von Praxismietverträgen.
 
Dies hat zur Folge, dass etwaige im Praxismietvertrag aufgenommene Mindestlaufzeiten des Mietverhältnisses keine Geltung haben. Ein Mietvertrag über Praxisräume kann dann von beiden Seiten, d.h. Vermieter und Mieter, bis zum dritten Werktag eines Kalendervierteljahrs zum Ablauf des nächsten Kalendervierteljahrs ordentlich gekündigt werden. Es besteht quasi eine sechsmonatige Kündigungsfrist.
 
Beruft sich der Vermieter im Nachhinein auf den Schriftformverstoß und kündigt den Mietvertrag ordentlich zum nächstmöglichen Zeitpunkt, so kann dies für den Praxismieter existenzbedrohende Züge annehmen. Denn: Ohne Praxisräume keine Praxis, ohne Praxis keine Einnahmen.
 
Vorsicht bei Änderungen: Mietvertrag kann kündbar werden
 
Das Schriftformgebot gemäß § 550 BGB gilt auch für Änderungsvereinbarungen zum Praxismietvertrag. Entspricht die Änderungsvereinbarung nicht dem Schriftformgebot, ist grundsätzlich die gesamte, d.h. auch die ursprüngliche mietvertragliche Vereinbarung, als auf unbestimmte Zeit abgeschlossen anzusehen. Die Folge: Der Mietvertrag ist durch die Beteiligten innerhalb der gesetzlichen Frist kündbar, auch wenn der ursprüngliche Mietvertrag formgerecht abgeschlossen wurde. Der Schriftformverstoß in der Änderungsvereinbarung „infiziert“ den ursprünglichen Praxismietvertrag.
 
In den letzten Jahren hat die Rechtsprechung jedoch eine gewisse Auflockerung erfahren. Hiernach ist eine feste Verbindung zwischen beiden Urkunden dann nicht erforderlich, wenn die Änderungsvereinbarung alle wesentlichen Bestandteile eines Mietvertrages enthält. Zudem muss die Ergänzungsvereinbarung auf den ursprünglichen Mietvertrag bzw. vorhergehende Vereinbarungen Bezug nehmen und klarstellen, dass es bei den bisherigen mietvertraglichen Vereinbarungen bleibt, soweit diese nicht angepasst wurden.
 
Quelle: Oliver Weger, Rechtsanwalt + Fachanwalt für Medizinrecht, Wirtz, Walter, Schmitz und Partner, Wilhelm-Strauß-Straße 45-47, 41236 Mönchengladbach, www.wws-gruppe.de


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