Praxisschätzungen durch KVen vielfach unterwertig
Einige KVen bieten ihren Mitgliedern Praxisschätzungen an. Diese Ausarbeitungen erfolgen bspw. nach den „Bekanntmachungen zur Bewertung von Arztpraxen“ von BÄK und KBV aus dem Jahr 2008. Wendet man diese „Bekanntmachungen“ an, so erhält man bspw. für eine Praxis mit einem Umsatz von € 400.000 und einem Gewinn von € 215.000 einen Praxiswert in Höhe von € 278.000 – unabhängig von Praxislage oder Fachrichtung. Für eine kardiologische Praxis in einer Großstadt kann dieser Wert deutlich zu niedrig sein, für eine Hausarztpraxis auf dem Land ggf. deutlich zu hoch.
Die Bekanntmachungen zur Bewertung von Arzt- und Zahnarztpraxen waren daher im Jahr 2008 aus gutem Grund explizit mit einem einschränkenden Anwendungs-Vorbehalt versehen, weshalb auch KVen heute in ihren Praxisschätzungen diesen Vorbehalt übernehmen. Praxiswert-Schätzungen durch die KVen vermitteln jedoch (Vorbehalte hin oder her) alleine durch den Briefkopf der KV einen verbindlichen und offiziellen Charakter bei den Beteiligten. Dies kann problematisch sein und zu Vermögensschäden führen, wenn etwa besonders hochwertige Praxen durch Anwendung der Bekanntmachungen aus dem Jahr 2008 stark unterschätzt werden.
Aktuell liegt ein Fall einer fach-internistischen Praxis mit einem Gewinn von rund € 250.000 pro Jahr in einer Großstadt vor, deren Wert von der dortigen KV unter Anwendung der Bekanntmachungen aus dem Jahr 2008 mit nur rund € 350.000 massiv unterschätzt wurde. Der Praxisinhaber reicht die vorbehaltliche Praxisschätzung der KV als „Gutachten“ an die zahlreichen Übernahmeinteressenten weiter und läuft somit Gefahr, einen beträchtlichen Vermögensschaden zu erleiden.
Wer eine Praxis mit starker Ertragskraft oder in bevorzugter Lage oder einen attraktiven Gemeinschaftspraxisanteil veräußern will, sollte sich auf eine vorbehaltliche Praxisschätzung der KV nicht verlassen, sofern diese auf den Bekanntmachungen von 2008 basiert. Solche häufig von den „Niederlassungsberatern“ der KVen erstellten Praxisschätzungen sind vielfach nicht im Interesse des Praxisabgebers.
Eine fundierte und marktgerechte Praxisbewertung erfolgt heute nach der modifizierten Ertragswertmethode, die auch seitens des BGH in streitigen Verfahren bereits vor Jahren als vorzugswürdig anerkannt wurde. Es handelt sich bei der modifizierten Ertragswertmethode, die heute von allen öffentlich bestellten und vereidigten Sachverständigen für die Bewertung von Arzt- und Zahnarztpraxen angewendet wird, um den Goldstandard der Praxisbewertung. Ab einem Praxisertrag in Höhe von € 250.000 pro Arzt und Jahr sind Praxiswerte erreicht, die im Rahmen der Veräußerung nicht mehr durch eine kostenfreie vorbehaltliche Praxisschätzung ermittelt werden sollten.
Wenn Sie weitere Informationen zum Thema „Praxisbewertung“ wünschen, kontaktieren Sie unsere Sachverständigen unter 0221 / 139 836-0 oder unter info@frielingsdorf.de.