Wirtschaftlichkeitsprüfung: BSG verlangt Vergleich mit ähnlich spezialisierten Praxen

In der Wirtschaftlichkeitsprüfung ist der statistische Vergleich die Regelprüfmethode. Das Abrechnungsverhalten der jeweils geprüften Praxis wird dabei mit den Abrechnungswerten sämtlicher anderer Arztpraxen in der Fachgruppe verglichen. Gerade spezialisierte Ärzte beklagen dabei in der Prüfung, dass häufig „Äpfel“ mit „Birnen“ verglichen werden, da bei dem statistischen Vergleich mit dem gesamten Rest der Fachgruppe ihre besondere Spezialisierung zunächst unberücksichtigt bleibt.

Beispielsweise macht ein Vergleich von Anästhesisten, die ausschließlich schmerztherapeutisch tätig sind, mit dem Rest der Fachgruppe, der Anästhesieleistungen bei ambulanten Operationen erbringt, keinen Sinn. Ebenso wenig dürfen Reproduktionsmediziner mit dem Gros der „normalen“ gynäkologischen Praxen verglichen werden – wie das Bundessozialgericht (BSG) unlängst entschieden hat: Eine auf Reproduktionsmedizin spezialisierte Praxis wurde mit der Fachgruppe der Gynäkologen verglichen und fiel bei den Gesprächsziffern 17 und 18 EBM (alt) auf.

Nachdem der Regress vom Sozialgericht und Landessozialgericht bestätigt wurde, hob das BSG diese Entscheidungen auf. Begründung: Der Praxiszuschnitt als rein reproduktionsmedizinische Praxis unterscheide sich von der typischen gynäkologischen Praxis so erheblich, dass eine Vergleichsprüfung auf der Grundlage der Durchschnittswerte aller gynäkologischen Praxen nicht möglich sei. Allenfalls könne eine Einzelfallprüfung durchgeführt werden, bei der die Ärzte einzelfallbezogen den Ansatz der streitigen Ziffern begründen könnten.

Praxistipp: Die Entscheidung des BSG ist zu begrüßen. Die Prüfgremien taten sich in der Vergangenheit mit der Erstellung verfeinerter Vergleichsgruppen immer schwer – dies dürfte sich jetzt ändern. Aber Vorsicht: Bevor Sie in Ihrem Verfahren vom Prüfungsausschuss den Vergleich nur mit ähnlich spezialisierten Praxen verlangen, müssen Sie verifizieren, wie oft die jeweilige Leistung von diesen Kollegen abgerechnet wurde; fragen Sie ggf. beim nächsten „Stammtisch“ nach.

Beim Vergleich mit einer verfeinerten Vergleichsgruppe wird nämlich die Grenze zum offensichtlichen Missverhältnis regelmäßig herabgesetzt, so dass Ihre Behandlungsweise dann nicht mehr erst bei rund 50% Überschreitung, sondern schon bei 25% oder weniger als unwirtschaftlich gelten könnte.

Quelle: RA Olaf Walter, WIENKE & BECKER – KÖLN,
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